Von Premieren zu Dernieren

Die Angelones.

Als Eltern erlebt man mit Kindern so vieles zum ersten Mal: das erste Lächeln, das erste Wort, den ersten Schritt oder den ersten Schultag. Es gibt so viele entzückende Premieren im Leben mit Kindern! Doch bereits vor einiger Zeit ist mir aufgefallen, dass irgendwann, schleichend und fast unbemerkt, die ersten Dernieren einsetzen, und man erkennt sie erst als solche, wenn man eines Tages realisiert, dass etwas, was doch bisher immer so war, gar nicht mehr ist, nicht mehr stattfindet, nicht mehr gewünscht wird.

Das war er also, der letzte Milchschoppen, das war sie, die letzte Nacht im Gitterbett, die letzte Ausfahrt im Kinderwagen, der letzte Chindsgitag. So rasch wachsen Kinder, lernen täglich Neues dazu, was ihr Leben – und dasjenige der Eltern – laufend verändert. Und täglich weiss man nicht, was morgen anders, plötzlich nicht mehr sein wird. Fragte ich mich noch vor zwei, drei Jahren, wann es das letzte Mal sein wird, dass sie sich am Wochenende zu uns ins Bett kuscheln, ihre Hände und Füsse an unsere schmiegen, wann sie nicht mehr auf unserem Schoss sitzen, an unseren Händen laufen wollen, so ist unterdessen ein nächstes Dernieren-Level erreicht: Das Mitmachen am Unihockey-Schüeli war ihnen dieses Jahr plötzlich wichtiger als das Mitlaufen am Räbeliechtliumzug. Der Samichlaus muss von ihnen aus künftig genauso wenig zu Besuch kommen wie die Zahnfee, die mit dem letzten ausgefallenen Milchzahn ja eh nutzlos wäre, und am Krippenspiel an Heiligabend mögen die Buben heuer vor lauter Schule und anderen Beschäftigungen auch nicht mehr teilnehmen.

Nach all den Premieren in den ersten Lebensjahren gilt es für mich, immer mehr Dernieren zu akzeptieren, loszulassen und laufend kleine Abschiede aus der Kindheit zu verdauen. Aber vor allem gilt es, all die kleinen zauberhaften Dinge, die noch ein Kinderleben ausmachen, zu erkennen und in vollen Zügen zu geniessen, bevor ich sie bereits wieder vermissen werde.

Rita Angelone (49) hat zwei Kinder (11 und 9).

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