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Interview

Marina Keller: «Eigentlich haben wir unser Ziel schon erreicht. Aber ich will mehr.» Bilder: FCZ/Peter Ganser

«Das Spiel gegen Barça ist für alle ein Highlight»

Von: Sacha Beuth

05. November 2013

Für die FCZ-Frauen geht am Sonntag ein Traum in Erfüllung. Sie treffen im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinals auswärts auf den FC Barcelona. Vor allem die erfahrene FCZ-Verteidigerin Marina Keller, die einst selbst in Spanien spielte, hat sich für die Begegnung viel vorgenommen. Das «Tagblatt» sprach mit der 29-jährigen Ex­Internationalen über den Champions-League-Gegner, ihre Erfahrungen in der spanischen Frauenliga und den Frauenfussball an sich.

Tagblatt der Stadt Zürich: Marina Keller, mit welchen Gefühlen und Erwartungen reisen Sie zum Hinspiel nach Barcelona?

Marina Keller: Das ist ein Highlight für das ganze Team, und dementsprechend gross ist die Freude bei uns allen. Bei mir kommt hinzu, dass ich Esther Romero und Vicky, zwei Freundinnen aus meiner Zeit in Spanien, wiedersehen werde, die beim FC Barcelona spielen.

Nun haben die Frauen des FC Barcelona nicht den gleichen Nimbus wie dessen Herrenteam. Ist dafür auch die Chance auf ein Weiterkommen grös­ser?

Keller: Jein. Im Frauenfussball ist Barcelona tatsächlich nicht so ein grosser Name. Nichtsdestotrotz gehören sie zu den vier Spitzenteams in Spanien. Sie sind die Favoriten. Wir haben dagegen nichts zu verlieren und können ohne Druck aufspielen.

Wo liegen die Stärken und wo die Schwächen der Katalaninnen?

Keller: Sie haben Topleute in der Offensive und sind spielerisch und technisch stark – wobei uns solche Gegner normalerweise liegen. Schwächen haben sie meiner Meinung nach in der Defensive. Da sind einige nicht gerade die schnellsten. Und die mangelnde Chancenauswertung.

Sie haben selbst in Spanien bei Sant Gabriel und Levante UD gespielt. Wie schätzen Sie generell das fussballerische Niveau dort ein?

Keller: Die Topteams FC Barcelona, Español Barcelona, Bilbao und Levante sind besser als die Schweizer Clubs, der Rest eher schlechter. In Spanien herrscht zudem auf dem Spielfeld eine härtere Gangart. Da wird weniger schnell ein Foul gepfiffen als bei uns.

Kommen wir zum Frauenfussball an sich. Bei den Herren würde die Partie FCZ-Barcelona schon Wochen im Voraus die Blätter füllen, bei den Damen ist diese Paarung medial offenbar viel weniger wichtig. Wurmt Sie das?

Keller: Einerseits ja, denn wir haben in den letzten 6 Jahren viele tolle Erfolge feiern dürfen und sind in der Schweiz momentan das führende Team. Andererseits nein, denn die Voraussetzungen sind ganz anders. Bei den Männern sind alle Profis, bei uns alles Amateure, die zur Hauptsache einem Beruf nachgehen oder eine Schule besuchen. Auch ich bin zu 70 Prozent als Hochbauzeichnerin tätig. Spitzenfussball und Beruf unter einen Hut zu bringen, geht ganz schön an die Substanz. Ich will aber nicht jammern, sondern bin einfach grundsätzlich froh, dass uns Aufmerksamkeit zuteil wird. Wir haben nun die Chance, uns auf dem grossen Parkett zu beweisen und Leute zu gewinnen, die sich bislang nicht für Frauenfussball interessierten.

Viele Männer finden auch, dass Frauenfussball nicht wirklich ein weiblicher Sport sei, sondern nur von «Kampf­emanzen» ausgeführt werde. Was sagen Sie dazu?

Keller: Das war früher vielleicht so. Wer das heute noch behauptet, hat vermutlich noch nie einen Match von uns gesehen. Der Frauenfussball hat sich technisch und taktisch enorm weiterentwickelt. Unbewegliche Rüpel haben auf unserem Niveau keine Chance mehr.

Immer mehr Schweizerinnen haben zuletzt den Sprung in eine ausländische Topliga geschafft und sind teilweise, wie etwa Lara Dickenmann bei Lyon, zu unverzichtbaren Stützen geworden. Ist der Schweizer Frauenfussball generell auf dem Vormarsch?

Keller: Auf jeden Fall. Das liegt einerseits daran, dass man auch im Frauenfussball heute eine sportbegleitende Ausbildung machen kann. Dann haben sicher auch ausländische Topspielerinnen wie zuletzt bei uns die Deutschen Inka Grings und Sonja Fuss zur Niveausteigerung beigetragen.

Die Fussballnati der Männer hat sich zuletzt mehrmals für die Endrunde einer WM oder EM qualifizieren können. Die Frauennati schaffte dies noch nie. Warum wird es dieses Mal klappen?

Keller: Weil wir für einmal Losglück hatten und nicht Deutschland in der Gruppe haben. Gruppenfavorit Dänemark ist dagegen – wie kürzlich unser 1:0-Sieg dort bewiesen hat – in Reichweite. Zudem haben wir gegenwärtig wohl die beste Frauennati aller Zeiten. Ein Team, das über Jahre zusammengewachsen ist, mit vielen, erfahrenen Auslandprofis und einer guten Mischung zwischen Jung und Alt – und das zudem mit der ehemaligen Deutschen Weltklasse-Spielerin Martina Voss-Tecklenburg eine hervorragende Nationaltrainerin besitzt. Sie versteht es, das Maximum aus den Spielerinnen herauszuholen.

Sie selbst haben diesen Sommer nach 45 Länderspielen ihren Rücktritt aus der Nati erklärt. Werden Sie Ihren Entschluss bei einer Qualifikation ändern?

Keller: Nein. Die Doppelbelastung ist für mich zu hoch. Früher, als ich noch Profi in Spanien war, war das anders. Ausserdem bin ich bald 30. Da ist es besser, jungen Spielerinnen den Vortritt zu lassen und sich auf den Club zu konzentrieren.

Womit wir wieder bei den FCZ-Frauen wären. Wie weit kommt Ihr Team in der Champions League?

Keller: Eigentlich haben wir mit dem Achtelfinaleinzug unser Ziel schon erreicht. Aber ich will mehr. Und wenn wir unser Potenzial sowohl im Hin- wie im Rückspiel abrufen können und uns von der Zuschauerkulisse nicht beeindrucken lassen, dann schaffen wir es ins Viertelfinale. Von da an hilft wohl nur ein Wunder – aber die gibt es im Fussball ja immer wieder.

FCZ - Barcelona

Das Hinspiel im Woman’s-Champions-League-Achtelfinal findet am Sonntag, 10. November, um 12 Uhr im Mini Estadi (15 276 Plätze) nahe des berühmten Camp Nou statt. Das Rückspiel wird am Mittwoch, 13. November, um 19 Uhr im Letzigrund ausgetragen (live auf Teleclub). Tickets gibts ab sofort im FCZ-Fanshop oder am Spieltag an den Tageskassen des Stadion Letzigrund. Für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre ist der Eintritt frei. Weiter Informationen auch unter www.fcz-frauen.ch

 

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