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Interview

Zirkusdirektor Johannes Muntwlyer tourt seit 30 Jahren mit seinem Monti. Bild: PD

"Ich genierte mich in der Manege zu stehen"

Von: Clarissa Rohrbach

02. September 2014

Circus Monti Direktor Johannes Muntwyler ist zum 30. Mal auf Tournee mit seiner Familie. Im Interview erinnert er sich an die Anfänge und erklärt, wieso «Bonjour la vie!» auf dem Sechseläutenplatz ein Erfolg ist.

Tagblatt der Stadt Zürich: Herr Muntwyler, 1978 traten Sie das erste Mal im Zirkus auf. Wie hat sich das damals angefühlt?


Johannes Muntwyler: Ich genierte mich und doch war es spannend. Mit meinem Vater, meiner Schwester und meinen beiden Brüdern zeigten wir als die 5 Montis eine Clownnummer im Circus Olympia in Wohlen. Ich war fest davon überzeugt, nicht genug gut zu sein, um in der Manege zu stehen. Das Ganze war aber nur für eine Saison vorgesehen.


Es kam anders. Heuer ist der Circus Monti zum 30. Mal auf Tournee.


Mein Vater Guido liebte den Zirkus so sehr, dass wir 1984/85 einen eigenen gründeten. Das stimmte viele Leute skeptisch. Clownerie gehöre sich nicht für einen Lehrer, das mache ihn unglaubwürdig, meinten einige. Doch der Circus Monti war bereits entstanden. Ich war dann auch schon angefressen und daran mich  zum Jongleur ausbilden zu lassen. Daneben gab ich mit meinem jüngeren Bruder eine einfache  Akrobatiknummer zum besten.


Der Circus Monti sei ein «poetisch-schmucker Zirkus» hiess es in der ersten Saison. Ist das immer noch so?


Nicht mehr im Sinn von klein und herzig, aber wer uns kennt, weiss, dass der Circus Monti den Zuschauern Gefühle schenkt. Unser Programm ist nicht nur die Aneinanderreihung von technisch anspruchsvollen Nummern. Im Zelt soll immer auch der Funken springen. Mein Ziel ist es, die Zuschauer zu berühren, sodass sie die Freude am Zirkus mit nach Hause nehmen. Dafür proben wir zwei Monate lang - mehr als andere Zirkusse – mit allen Künstlern. Jeder soll seine Persönlichkeit einbringen, damit ein künstlerisches Ganzes entsteht.


Wollen viele Künstler in Ihrem Circus arbeiten?


Wir bekommen viele Bewerbungen.Ich darf sagen, dass man uns in der Branche international kennt.


Was müssen Ihre Artisten mitbringen?


Natürlich müssen sie technisch auf hohem Niveau sein. Aber auch ihre Ausstrahlung als Mensch ist wichtig. Sie sollten jedes Mal auftreten, als ob das ihre erste Vorstellung wäre.


Ist der Zirkusalltag so romantisch wie man sich ihn vorstellt?


Das Klischee der grossen Familie, die um das Lagerfeuer sitzt, stimmt nicht ganz. Auch ein Zirkus ist ein Unternehmen. Doch die Faszination besteht darin, dass 60 sehr unterschiedliche Leute zusammenarbeiten für eine gute Show. Egal, ob der Standplatz schlecht  oder das Wetter garstig ist.


Sie dürfen als erster Herbstzirkus auf den neuen Sechseläutenplatz. Heisst das, der Circus Monti spielt in der ersten Liga?


Wir punkten nicht mit der Grösse unseres Zeltes, sondern mit unserem Konzept. Auch auf dem Sechseläutenplatz spielen zu können, macht mich stolz, es ist eine grosse Ehre und auch ein sehr guter Standort. Der Vorverkauf läuft dieses Jahr besonders gut, wir erwarten mehr Besucher. Vor 25 Jahren hiess es noch, wir müssten uns erst in der Provinz bewähren, bevor wir in Zürich auftreten dürften.


Ab nächstem Jahr führen Sie die Tournee nur noch durch grössere Städte, dafür mit längeren Aufenthalte. Vergraulen Sie mit dieser neuen Strategie nicht die kleinen Ortschaften, die den Circus Monti bekannt machten?


Das war keine einfache Entscheidung. Es reut mich, nicht mehr in unseren kleineren Gastspielorten zu spielen. Die Reaktionen der Menschen dort hat mich beschäftigt. Sie haben traurig auf die Veränderung reagiert, verstehen es aber auch. Ich habe die Strategie nicht wegen finanzieller Gründe gewechselt. Es geht in erster Linie darum, die Lebensqualität des Teams und damit die Qualität des Zirkus und der Vorstellung sicherzustellen. Längere Aufenthalte erlauben uns besseres kreatives Schaffen.


Ihre drei Söhne sind immer mit dabei. Möchten Sie, dass sie künftig den Zirkus übernehmen?


Jeder Vater hofft, dass die Kinder sein Unternehmen weiterführen. Der Wunsch ist da, aber ich erwarte es nicht. Ich möchte den Zirkus so weit bringen, dass es erstrebenswert ist, ihn weiterzuführen. Er soll so organisiert sein, dass Zeit für Privates bleibt. Ich möchte nicht, dass meine Söhne so viel arbeiten wie ich es tat.


Sie sind 50 Jahre alt, und Zirkus ist Knochenarbeit. Mögen Sie noch?


Das Alter hat mich gelassener, weiser gemacht. Aber ich bin immer noch fit. Ich fahre noch selber Traktor und platziere die Wagen wenns sein muss bis morgens um 5 Uhr.


Fahrzeuge sind Ihre Leidenschaft. Die Flotte des Circus ist bis ins kleinste Detail gepflegt. Welches ist Ihr Lieblingsfahrzeug?


Der neuste Mercedes-Lastwagen und der Holzwagen Nr. 1 aus dem Jahr 1930. Aber auch mein persönlicher Wagen. Da ich viel unterwegs bin, soll es auch Spass machen.


Der Circus Monti gastiert bis zum 21. September auf dem Sechseläutenplatz.

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