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Interview

Will wie an der Athletissima auch bei «Weltklasse Zürich» einen Grund zum Strahlen haben: Selina Büchel. Bild: Key

«‹Weltklasse Zürich› ist das coolste Meeting des Jahres»

Von: Sacha Beuth

30. August 2016

Morgen Donnerstag findet im Letzigrundstadion wieder «Weltklasse Zürich» statt. Mit dabei ist auch 800-m-Läuferin Selina Büchel aus Wil. Die 25-Jährige verpasste als Gesamtneunte knapp das Finale an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro und will nun in Zürich beweisen, dass mit ihr auch in Zukunft zu rechnen ist.

Selina Büchel, als Gesamtneunte über 800 m sind Sie eben aus Rio zurückgekehrt. Wie lautet Ihre Bilanz?

Ich bin natürlich etwas enttäuscht, dass es mit dem Finale knapp nicht geklappt hat. Das Halbfinale verlief aus meiner Sicht auch sehr unglücklich. Obwohl das Tempo anfangs sehr hoch war, gab es viele Rempeleien. Ich war in der Mitte eingeklemmt und konnte nicht raus. Als sich der Pulk endlich löste, war es zu spät, um mich mit einer schnellen Zeit für den Endkampf zu qualifizieren. Grundsätzlich bin ich aber mit meiner Leistung zufrieden.

In Rio nahmen Sie erstmals an Olympia teil. Was hat Sie abseits der Bahn am meisten an den Spielen beeindruckt?

Das Leben im olympischen Dorf. Das war ungeheuer spannend. Anderseits war es manchmal wegen der langen Wege auch sehr anstrengend. Für die Strecke von meiner Unterkunft bis zur Busstation, wo die Athleten zu ihren Wettkampfstätten gefahren wurden, benötigte ich fast 20 Minuten.

Nach Olympia und Athletissima steht nun mit «Weltklasse Zürich» ein weiterer Saisonhöhepunkt an. Kommt er nicht zu früh?

Überhaupt nicht. Er kommt im Gegenteil zum perfekten Zeitpunkt. Einerseits wird so die Spannung hochgehalten. Und andererseits bin ich jetzt im Gegensatz zu Anfang Saison in Topform.

Welches Ziel haben Sie sich für das Meeting gesetzt?

Vorab eine schnelle Zeit laufen, am besten noch etwas schneller als zuletzt in Lausanne (1:58,77 Min). Ich will meine Form bestätigen und meine Position in der Weltspitze festigen. Wichtig dabei ist, dass ich mich beim Rennen nach den ersten hundert Metern auf einer guten Position einreihen kann, die erste Hälfte nicht zu schnell angehe und nicht eingeklemmt werde.

Was unterscheidet «Weltklasse Zürich» von anderen Diamond-League-Meetings?

Ich bin nun schon zum vierten Mal im Hauptprogramm dabei und lief zuvor schon einige Male als Juniorin im Vorprogramm. Trotzdem ist eine Teilnahme hier in Zürich immer wieder etwas Besonderes. Du kannst vor Heimpublikum starten, das dich lautstark unterstützt. Zudem ist «Weltklasse Zürich» im Gegensatz zu einigen anderen Meetings immer ausverkauft. Und unter den Zuschauern hat es immer viele Personen aus meinem Umfeld. «Weltklasse Zürich» ist das coolste Meeting des Jahres.

Mit Olympiasiegerin Caster Semenya aus Südafrika, Silbermedaillengewinnerin Francine Niyonsaba aus Burundi und der Olympiadritten Margaret Nyairera Wambui aus Kenia treffen Sie erneut auf drei Gegnerinnen, deren Geschlecht in Zweifel gestellt wird. Ist es trotzdem richtig, sie bei den Frauen starten zu lassen?

Im Moment sind die Regeln nun mal so. Ausserdem kenne ich die medizinischen Details nicht. Darum sind sie für mich ganz normale Gegnerinnen. Das Ganze ist aus ethischer Sicht ein sehr komplexes Thema. Kommt hinzu, dass man je nach Beschaffenheit seines Körpers in gewissen Disziplinen Vorteile hat. Etwa Grossgewachsene beim Hochsprung. Ich denke, es braucht Grenzwerte im Sport. Ich bin aber froh, dass diese andere und nicht ich festlegen muss.

Ein nicht enden wollendes Thema ist Doping. Dabei gibt es immer wieder Personen, die eine Freigabe fordern. Was halten Sie von dieser Idee?

Gar nichts. Das ist das Schlimmste, was man machen könnte, denn dann würde die Sache komplett ausarten – mit enormen Folgeschäden bei der Gesundheit der Athleten. Man sollte vielmehr weiter hart gegen die Übeltäter vorgehen, selbst wenn dies bedeutet, dass wie in Rio alle russischen Leichtathleten wegen staatlich unterstützten Dopings ausgeschlossen werden. Dopingfreie Leistungen müssen generell einen höheren Stellenwert haben als Medaillen. Ich habe auch Freude an meiner Leistung, weil ich weiss, dass ich sauber bin.

Welche sportlichen Ziele haben Sie sich für die nächsten Jahre ­gesetzt?

Zuerst kommt da die Hallen-EM im nächsten Jahr in Belgrad, wo ich als Titelverteidigerin an den Start gehe und natürlich wieder vorne mitlaufen will. Das grosse Fernziel ist eine erfolgreiche Teilnahme an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio. Allgemein ist es mein Ziel, meine Leistung so zu verbessern, dass sie für eine Finalteilnahme an einer WM oder an Olympia reicht.

Die "Weltklasse"-Highlights

Bereits am Mittwoch, 31. August, 18.30 h wartet «Weltklasse Zürich» im Hauptbahnhof mit einem ersten Leckerbissen auf: dem Stabhochsprung der Frauen (mit den Schweizerinnen Nicole Büchler und Angelica Moser). Am Donnerstag, 1. September, beginnen dann ab 18 h (Stadionöffnung 17 h) die Wettkämpfe im Letzigrundstadion. Zu den Höhepunkten zählen Stabhochsprung Männer (18.45 h), Weitsprung Frauen (19.05 h), Hochsprung Frauen (19.45 h), 5000 m Männer (20.13 h), 200 m Frauen (20.34 h, mit Mujinga Kabundji), 400 m Männer (20.53 h), Speerwurf Männer (21 h), 800 m Frauen (21.02 h, mit Selina Büchel), 100 m Hürden Frauen (21.12 h), 100 m Männer (21.20 h) sowie 400 m Hürden Männer (21.28 h, mit Kariem Hussein). 

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