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Der Bau des Seewasserwerks Moos in Wollishofen gilt als Meilenstein in der Geschichte der Wasserversorgung Zürich. Die Aufnahme aus dem Jahr 1913 zeigt Taucher beim Verlegen der Seeleitung. Bild: Wasserversorgung Zürich

Der Lieferant des Lebenselixiers feiert sein 150-Jahr-Jubiläum

Von: Sacha Beuth

13. März 2018

Bevor am 6. September 1868 die Wasserversorgung Zürich gegründet wurde, war der Zugang zu Wasser für viele beschwerlich. Auch die hygienischen Zustände liessen zu wünschen übrig. 150 Jahre und viele Entwicklungsschritte später gehört Zürich in Sachen Wasserversorgung weltweit zu den Vorzeigestädten.

Die Zahlen sind beeindruckend. Sage und schreibe 150 Millionen Liter Wasser verbrauchen die Bewohner Zürichs und die der Wasserversorgung angeschlossenen 67 Gemeinden täglich. Das Wasser besteht aus einem Mix aus aufbereitetem See- sowie Quell- und Grundwasser (siehe Interview rechts), das über 24 Pumpwerke in 21 Reservoire befördert und von dort über ein insgesamt 1550 Kilometer langes Leitungsnetz in die Liegenschaften geführt wird. Daneben existieren in der Stadt rund 1200 Brunnen, was Zürich zu einer der brunnenreichsten Städte der Welt macht. Kurz: Die Wasserversorgung Zürich ist zu ihrem 150-Jahr-Jubiläum hervorragend aufgestellt.

Das war jedoch nicht immer so. «Bis zum späten Mittelalter waren Wasserleitungen praktisch inexistent», erzählt Jean-Daniel Blanc, Historiker und Leiter Personal bei der Wasserversorgung Zürich. «Die Leute schöpften ihr Wasser mit Eimern aus der Limmat oder aus Grundwasserbrunnen.» Es folgten erste einfache Schöpfräder und Teuchel (Wasserleitungen aus ausgehöhlten Baumstämmen), die Quellwasser zu den Brunnen leiteten. «Letzteres wurde gerne zum Trinken benutzt, Limmatwasser dagegen eher zum Waschen und Kochen.» Insgesamt aber blieb die Infrastruktur der Wasserversorgung über mehrere Jahrhunderte rudimentär. Das änderte sich erst im 19. Jahrhundert. «Zürich erlebte in dieser Phase einen starken Bevölkerungszuwachs und brauchte mehr und – um der immer wiederkehrenden Cholera-Epidemien Herr zu werden – saubereres Wasser», so Blanc. Die Stadtoberen beauftragten den Stadtingenieur Arnold Bürkli damit, ein Wasserversorgungskonzept zu entwickeln. Der Plan, den er darauf vorlegte, sah vor, auf dem Limmatgrund auf Höhe Bauschänzli eine Fassanlage mit Filter zu bauen, das Wasser abzusaugen, zum Pumpwerk am Oberen Mühlsteg zu führen, von dort in Reservoire zu pumpen und schliesslich über neu erstellte Leitungen in die Haushalte zu befördern. Das Konzept wurde am 6. September 1868 vom Volk gutgeheissen, eine entsprechende Behörde wurde gegründet, und das Datum gilt seither als Geburtsstunde der modernen Wasserversorgung Zürich. Bereits 1867 hatte Bürkli in weiser Voraussicht begonnen, eine Kanalisation zu bauen.

Mehr Leistung durch Strom

Da die Leistungsgrenze der Pumpe am Oberen Mühesteg bald einmal erreicht war, wurde das Pumpwerk Letten erstellt und 1878 in Betrieb genommen. 1884 erlebte Zürich eine Typhusepidemie, die viele Todesopfer forderte, die durch verunreinigtes Limmatwasser zustande kam. Also wurde ein Jahr später die erste Seewasserfassung nahe der Quaibrücke gebaut und das Wasser mittels Leitungsrohren über den Schwanzengraben zu einer Filteranlage im Sihlquai geführt, dort gefiltert und kontrolliert und dann zum Pumpwerk Letten geleitet. 1914 wurde die Filteranlage durch das Seewasserwerk Moos in Wollishofen abgelöst. 1892 begann im Letten die Stromproduktion, doch erst 1914 wurden auch die Pumpen elektrisch angetrieben. Als weitere Meilensteine folgten 1934 die Inbetriebnahme des Grundwasserwerks Hardhof und 1960 die des zweiten Seewasserwerks Lengg auf Höhe Burghölzli.

Doch nicht nur die Wasserzufuhr, auch die Wasseraufbereitung machte im 20. Jahrhundert enorme Fortschritte. Die ab 1900 eingeführte Doppelfiltration mit Sand- und einem Kiesfilter wird ab 1950 durch Chlorbeigaben ergänzt, das Chlor jedoch unter anderem wegen des unangenehmen Geschmacks durch Ozon abgelöst. In Zukunft sollen die Anlagen durch noch feinere und damit effizientere Membranfilter ergänzt werden.

«Sauberes Wasser ist keine Selbstverständlichkeit»

Als Leiter Produktion ist Joachim Lenzner (55) bei der Wasserversorgung Zürich verantwortlich für die Gewinnung und Aufbereitung sowie den Transport des Wassers in die Reservoire. Laut dem Chemie-Ingenieur ETH wird ein hoher Aufwand betrieben, damit die Stadtzürcher Bevölkerung täglich immer bestes H₂O erhält.

Besucher aus aller Welt betonen, dass in keiner Stadt das Wasser besser schmeckt als in Zürich. Was macht es so einzigartig?

Joachim Lenzner: Einer der Gründe ist, dass seit mehr als 20 Jahren kein Chlor zur Enddesinfektion zugesetzt wird. Dies im Gegensatz zu anderen Ländern, wo es sogar als Qualitätsmerkmal gilt, wenn Chlor im Trinkwasser noch leicht wahrnehmbar ist. In Zürich besteht das Leitungswasser zur rund 70 Prozent aus Seewasser. Dank unserem mehrstufigen Aufbereitungssystem wird dieses Wasser so nährstoffarm, dass dadurch das Keimwachstum stark eingeschränkt und eine Enddesinfektion unnötig wird. Der restliche Anteil unseres Wassers besteht zu jeweils 15 Prozent aus Quell- und Grundwasser und benötigt keine umfangreiche Aufbereitung, wird aber ebenfalls laufend kontrolliert.

Ein Schweizer verbraucht pro Tag durchschnittlich 160 Liter Wasser. Wie stellt die Wasserversorgung sicher, dass jeder Bewohner Zürichs diese Menge zur Verfügung hat?

Indem wir einerseits genügend Wasser in unseren Reservoiren vorrätig haben. Das ist in der Regel das Eineinhalbfache des auf Erfahrungswerten errechneten Tagesbedarfs. Andererseits wird darauf geachtet, dass Wasser immer sofort nachgeliefert wird, wenn der Pegel in den Reservoiren unter eine bestimmte Marke fällt.

Die Versorgung läuft über strombetriebene Pumpwerke. Was geschieht, wenn einmal für längere Zeit der Strom ausfallen sollte?

Für derartige Notfälle haben wir das Grundwasserwerk Hardhof. Dort steht eine dieselbetriebene Notstromgruppe, über die wir eine komplette Versorgung für bis zu 2 Wochen gewähren können. Dauert das Problem länger, wird Diesel nachgetankt. Sollte auch das Aggregat aussteigen, können wir auf das im freien Gefälle zufliessende Quellwasser aus Sihl- und Lorzetal zurückgreifen. Allerdings erhalten dann nur die Spitäler über vorbereitete Notanschlüsse Wasser. Der Rest der Bevölkerung müsste es sich bei einem der 89 strategisch verteilten Notbrunnen schöpfen.

Im Jubiläumsjahr lädt die Wasserversorgung die Bevölkerung zu mehreren Tagen der offenen Tür ein. Was erfährt der Besucher dort?

Es bietet sich ihm die einmalige Chance, die verschiedenen Orte der Wassergewinnung und -aufbereitung zu sehen und sich die Anlagen durch Fachpersonen erklären zu lassen. Und hoffentlich können wir den Leuten dabei wieder bewusst machen, dass sauberes Wasser keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass dahinter ein hoher verfahrenstechnischer Aufwand und viel Infrastruktur steckt.

Die Aktionen zum Jubiläum

• Ab Ende Mai erscheint im Handel das Buch «Die Stadt und das Wasser – 150 Jahre moderne Wasserversorgung Zürich» (VerlagOrell Füssli , 34.90 Franken). Darin schildert Autor Jean-Daniel Blanc die Geschichte und die technische Entwicklung der Wasserversorgung in unserer Stadt.
• Zum Jubiläum hat die Wasserversorgung die Brunnen-App «A Tale of Wells» lanciert. Damit lernen die Nutzer auf spielerische Weise die Brunnen Zürichs kennen und müssen Wassertropfen sammeln, um mystische Wasserwesen anzulocken, die spannende Geschichten über den jeweiligen Brunnen erzählen. Die App kann gratis über App Store oder Google Play heruntergeladen werden.
• Am 9., 10., 23., 24. und 30. Juni sowie am 1. Juli veranstaltet die Wasserversorgung Tage der offenen Tür im Reservoir Lyren oberhalb der Sportanlage Buchlern. Das Reservoir ist dann jeweils ab 10 Uhr für Besucher zugänglich. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Auch im Grundwasserwerk Hardhof und in den Seewasserwerken Lengg und Moos wird am 8. und 9. September zu einem Tag der offenen Tür geladen.
Weitere Infos: www.stadt-zuerich.ch/wasserversorgung und www.facebook.com/wasserversorgung/.

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Leserkommentare

Rose-Marie Gmür - SUPER BEITRAG DANKE

Vor 6 Jahren 1 Monat  · 
Noch nicht bewertet.

Marcel Schläfle - Zürich hat eine Super Wasserqualität. Aus diesem Grund haben wir die stilvollen und ökologischen Wasserkaraffen für Züri Hahnenwasser entwickelt. Damit noch mehr Menschen das gute Zürcher Wasser schätzen. Prosit. http://www.brandeau.ch

Vor 6 Jahren 1 Monat  · 
Noch nicht bewertet.