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Porträt

«Ich führe jeden Tag einen Wettkampf mit mir selbst»: Heiko Nieder. Bild: Nicolas J.Aebi

Was in den Köpfen und Töpfen der Superköche brodelt

Von: Ginger Hebel

03. Dezember 2013

Bei ihnen erlebt der Gast kulinarische Höhenflüge. Das «Tagblatt der Stadt Zürich» wollte von drei Spitzenköchen wissen, was sie antreibt.

Heiko Nieder The Restaurant, Dolder Grand

Ein Besuch im The Restaurant im Dolder Grand hat mit einem normalen Abendessen nichts zu tun. Wer sich hier kulinarisch verwöhnen lassen will, der sollte für das 5- oder 8-Gang-Menü und erst recht für das 12-Gang-Tasting-Menü Zeit und Musse mitbringen und eine Prise Neugier. «Wir wollen unsere Gäste verwöhnen, damit sie sich entspannen und den Alltag vergessen», sagt Heiko Nieder. Seine Gourmetküche ist innovativ: «Getauchte Jakobsmuscheln aus dem Nordmeer, mariniert, Rinderschinken, Weintrauben, Basilikum» oder «Kaviar und Seeigel aus der Bretagne, mariniert, Creme, Mango, Chorizo», ­heissen einzelne Gänge. Man liest die ­Ingredienzien, fragt sich, wie das wohl schmeckt und harmoniert und ob alles zusammen funktioniert, und genau das ist das Ziel von Heiko Nieder und ­seinem Team: dass man sich auf spannende Geschmackskombinationen einlässt. «Wenn jemand die klassische ­Küche mag, dann wird er bei uns wohl nicht ganz zufrieden sein», sagt der 41-Jährige.

Mit 18 «Gault Millau»-Punkten und 2 «Michelin»-Sternen ist er die aktuelle Nummer 1 in der Stadt. Setzt einen das unter Druck? «Jeder Gast, der zu uns kommt, setzt mich unter Druck, und ich mich selber am meisten, weil ich mein Bestes geben möchte. Ich führe jeden Tag einen Wettkampf mit mir selbst.» Seine Oma war Köchin in der Kantine eines Schlachthofs in Hamburg und nahm ihn als Knirps oft mit. «Aber Koch wollte ich nicht werden, weil man da dick wird.» Der damalige Nachbarsjunge kochte bei einer karitativen Einrichtung, dort half Nieder aus und hielt erstmals einen Lachs in der Hand, den er noch dazu selber schuppte. Der Beruf des Kochs interessierte ihn dann doch.

Nach einer Lehre im Vier Jahreszeiten in Hamburg folgten Lehrjahre bei namhaften Köchen, in Bonn erkochte er sich als Küchenchef seinen ersten Stern. Jobangebote flatterten ins Haus, aus Mallorca und Zürich. «Als ich erfuhr, dass es sich ums Dolder handelt, war ich Feuer und Flamme. Und Zürich fand ich gleich beim ersten Besuch eine tolle Stadt.»

Seit 2008 ist er Chef Fine Dining im Fünf-Sterne-Haus. Auf der Karte stehen öfter mal Tauben, weil sie lecker schmecken, wie Nieder findet. Ob ein Gericht aussergewöhnlich ist, kommt immer darauf an, was der Gast gewohnt ist. «Wir schiessen ja nicht die Tauben vom Dach, es handelt sich um edle Produkte aus Frankreich», sagt Nieder. Es sei wie mit dem Sisteron-Lamm aus der Provence. «Jeder, der sagt, er möge den Lamm­geschmack nicht, der muss dieses probieren. Es ist von der Konsistenz und vom Geschmack her ganz anders.» Der Deutsche verwendet gerne Produkte aus dem hauseigenen Kräutergarten und Felsenbirnen, die draussen in den Hecken wachsen. Die kleinen Früchte, die aussehen wie Heidelbeeren, werden entsaftet und zu Gänseleber serviert. Die Kornelkirsche – eine Herbstfrucht – wird in der topmodernen Küche zu einem Gelee verarbeitet. «Durch das säuerliche Aroma passt sie wunderbar zu Sellerie, Curry und Kaffee.» Heiko Nieder möchte mit seiner 12-köpfigen Küchenbrigade kontinuierlich besser werden. «Nach diesem Haus kommt für mich sowieso nur noch eine Bratwurstbude infrage.»

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Martin Surbeck, Restaurant Bar Sein

Laurent Eperon, Baur au Lac

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