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Reportage

"Platz da!" Gerade auf Fussgängerstreifen kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Velofahrern und Fussgängern. Bild: Sacha Beuth

«Die Stimmung ist extrem aggressiv»

Von: Sacha Beuth

08. Juli 2014

In der warmen Jahreszeit ist man vermehrt mit dem Velo oder zu Fuss unterwegs. Das führt auch zu mehr Konflikten zwischen Radfahrern und Fussgängern.

Fussgänger, die sich über Velofahrer beschweren und umgekehrt – das Thema dominierte die Rubrik «Züri-Echo» in der letzten Ausgabe des «Tagblatts». Und längst nicht alle Zuschriften konnten berücksichtigt werden. Doch warum wirft dieser Evergreen gerade jetzt wieder hohe Wellen? «Das ist klimatisch bedingt», sagt Dave Durner, von Pro Velo Schweiz. «Im Sommer drängt es die Leute nach draussen, darum hat es auch mehr Personen auf der Strasse, und darum mehren sich auch die Konflikte.» Das bestätigen auch die Mediensprecher Heiko Ciceri (Dienstabteilung Verkehr) und Marco Bisa (Stadtpolizei) sowie Dominik Bucheli von Fussverkehr Schweiz.

Erzogen, auf dem Trottoir zu fahren

Ein Ort, an dem es oft zu Konflikten zwischen Fussgängern und Velofahrern kommt, ist etwa die Röschibachstrasse runter zum Wipkingerplatz. Dort herrscht eigentlich bergab Fahrverbot, «das jedoch von vielen Velofahrern ignoriert wird», so Bucheli. Auch im Bereich um die Quaibrücke gibt es immer wieder Zoff. «Sie ist eine wichtige Veloverbindung. Leider ist es hier auch sehr eng, es herrscht eine hohe Verkehrsdichte, und Velofahrer und Fussgänger müssen sich teilweise den Weg teilen», erklärt Durner. Letzteres ist für ihn auch eine der Hauptursachen für die Reibereien zwischen den beiden Verkehrsteilnehmergruppen: «Es ist völlig unverständlich, dass es immer noch Mischverkehrslösungen gibt und weitere geplant sind. Die Velofahrer werden so quasi erzogen, auf dem Trottoir zu fahren, auch dort, wo es nicht gestattet ist, und das führt dann wieder zu Streit mit den Fussgängern.» Auch die Dienstabteilung Verkehr hat gemischte Verkehrszonen als potenzielle Konfliktbereiche ausgemacht, ebenso Fussgängerstreifen, Tramhaltestellen und Einmündungen.

Wie oft Fussgänger und Velofahrer generell aneinandergeraten, dafür kann Bisa ad hoc keine offiziellen Angaben vorlegen. «Die Konflikte beinhalten verschiedenste Delikte in unterschiedlichen Kombinationen. Die Auswertung würde mehrere Tage in Anspruch nehmen.» Immerhin gibt es von Ciceri Zahlen zu gemeldeten Unfällen. Und diese sind ziemlich tief. «Der Schnitt liegt etwa bei 20 Fällen pro Jahr, und nur einmal, 2013, resultierte daraus ein Todesfall.» Es gibt aber auch Zahlen, die den Ruf der Zürcher Velofahrer als rücksichtslose Rowdys zementieren: «Als wir kürzlich an der Langstrasse/Militärstrasse eine Kontrolle durchführten, mussten wir innerhalb von zweieinhalb Stunden nebst 3 Motorradfahrern 70 Velofahrer verzeigen, die das Rotlicht missachtet hatten», erzählt Bisa.

Dass ein Problem besteht, ist von allen Seiten unbestritten. Wie es zu lösen ist, darin ist man sich aber uneins. Durner fordert mehr Raum, sprich mehr eigene Fahrbahnen für Velofahrer zulasten der Autofahrer. Bucheli möchte, dass Kontrollen seitens der Polizei besser kommuniziert werden, um eine abschreckende Wirkung zu erzielen, und dass vermehrt Tempo-30-Zonen eingeführt sowie Parkplätze zugunsten von mehr Raum für Velofahrer und Fussgänger aufgehoben werden. In einer Sache sind sich alle wieder einig: «So darf es nicht weitergehen», sagt Durner stellvertretend. «Die Stimmung ist extrem aggressiv.»

News zum Thema:

Am Sonntagabend, 6. Juli 2014, wurde ein Fussgänger beim Utoquai bei einem Streit mit einem Velofahrer verletzt. Der Fussgänger, ein 66-jähriger Mann, überquerte kurz vor 19 Uhr zusammen mit seiner Ehefrau von der Seepromenade herkommend den Fussgängerstreifen in Richtung Parkhaus Opera. Gleichzeitig fuhr ein 20- bis 28-jähriger, glatzköpfiger Velofahrer, ohne abzusteigen, über den Fussgängerstreifen in die Gegenrichtung. Der Rentner sprach den Fahrradlenker an und hielt das Velo am ­Gepäckträgerkorb fest. Darauf versetzte der Velofahrer dem Rentner einen heftigen Fusstritt in die Bauchgegend, ­sodass dieser zu Boden fiel. Während der Täter sich Richtung Seeprome­nade entfernte, musste das Opfer mit unbekannten Verletzungen hospitalisiert werden. Die Polizei sucht Zeugen (Tel. 044 411 71 17).

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Leserkommentare

Miriam Seibert - Neulich war ich in Basel. Es war schon fast beängstigend, wie entspannt alle Verkehrsteilnehmer unterwegs waren. Da sollte sich Zürich ein Beispiel dran nehmen oder einfach früher aufstehen...
Kontrollen seitens der Polizei und eine entsprechend hohe Geldbusse
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Vor 9 Jahren 9 Monaten  · 
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