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Reportage

Japanexpertin Ronja Sakata zeigt, wie man die Essstäbchen richtig hält.

Japan erleben, ohne zu verreisen

Von: Ginger Hebel

19. Mai 2015

Japanspaziergang: Man muss nicht immer um die Welt fliegen, um in eine fremde Kultur einzutauchen. Japanexpertin Ronja Sakata bietet in Zürich Japanspaziergänge an und macht die Teilnehmenden reisefit in vier Stunden.

Hajimemashite – schön, dich kennen zu lernen, sagt Ronja Sakata und lächelt. Im Restaurant Ototo an der Nordstrasse empfängt sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Japanspaziergangs zu einem Abend der besonderen Art. Innert vier Stunden wird sie uns beibringen, wie man richtig mit Stäbchen isst, dass man in Japan eine Wohnung nie mit Schuhen betritt und nie Trinkgeld gibt. Wir erhalten Informationen aus erster Hand, und wir lernen die japanische Küche kennen, denn: In Japan dreht sich alles ums Essen. «Japaner haben ein strenges Leben, arbeiten viel, dafür lassen sie es sich beim Essen gut gehen», sagt Ronja Sakata. Wir starten mit Edamame (grünen Sojabohnen) und Pflaumenlikör mit Prosecco.

Unsere Gruppe ist ein bunt durchmischtes Trüppchen, die einen planen eine Japanreise, die andern verreisen lieber in Gedanken. Der 27-jährige Japanfan Luca hat den Japanspaziergang von seiner Schwester zum Geburtstag geschenkt bekommen. Maja und Rolf wollen im Sommer durch Japan reisen, ihr Sohn, ein begeisterter Karatekämpfer, hat ihnen vorgeschwärmt. Sie versprechen sich vom Event, mehr über die japanischen Sitten und Bräuche zu erfahren. Ronja Sakata führt im Restaurant eine Bilderpräsentation über Japan durch und verteilt Spickkärtchen mit den wichtigsten japanischen Wörtern, damit man sich im Ryokan (japanisches Hotel)  und im Restaurant durchschlagen kann, denn Englisch sprechen in Japan die wenigsten. «Japaner sind zurückhaltende Menschen, und auf dem Land kommt man sich als Schweizer oft wie ein Ausserirdischer vor. Ein paar Brocken Japanisch, und das Eis ist schnell gebrochen», verspricht die 37-Jährige.

 

In Japan findet das Leben auf dem Boden statt, doch wir sind noch immer in Zürich und sitzen im Restaurant auf Stühlen. Die japanische Küche hat weit mehr zu bieten als Sushi, doch gerade diese sind im Ototo vorzüglich, auch der Shabushabu-Salat – Salat aus hauchdünnem Rindfleisch – kommt bei der Gruppe gut an. Messer und Gabel sind tabu, alle greifen zu den Essstäbchen, bei manchen landen die Stäbchen ohne Reis im Mund. Ronja Sakata zeigt geduldig, wie man sie richtig in den Fingern hält, da lässt eine Teilnehmerin die Stäbchen im Reis stecken, ein fataler Fehler, «das gehört in Japan zu den Beerdigungsritualen», sagt Sakata. Teilnehmer Jürg schiebt sich etwas zu viel Wasabi (japanischen Meerrettich) in den Mund und keucht einen Moment, dann lächelt er wieder und isst weiter. Er würde gerne mal nach Japan reisen, «wenn nur der lange Flug nicht wäre». Schmecken tuts auch Ärzteberater Oliver. «Ich bin offen und neugierig, darum habe ich mich für diesen Spaziergang angemeldet», sagt der 31-Jährige. Er wohnt zwar in Solothurn, doch in der Schweiz ist für ihn alles ein Katzensprung.

15 000 Schweizer reisen jährlich ins Land der aufgehenden Sonne. «Japan steht bei Schweizern hoch im Kurs, und auch die Japaner mögen die Schweiz als Reiseland», erklärt Ronja Sakata. Sie hat den Japanspaziergang ins Leben gerufen, weil sie Schweizern eine fremde Kultur näherbringen will, die ihr mittlerweile vertraut ist. Als Jugendliche verschlang sie die Bücher von Federica de Cesco, die in Japan spielen. Während ihres Studiums zur Lebensmittelingenieurin absolvierte sie ein Praktikum bei Kanebo Foods im japanischen Takatsuki. Beim Firmenbarbecue, unter blühenden Kirschbäumen, lernte sie den Japaner Ken kennen, ihren heutigen Mann, mit dem sie eine vierjährige Tochter hat.

Nach dem Essen montieren wir unsere knallbunten Kopfhörer. Während des 30-minütigen Spaziergangs von Wipkingen nach Unterstrass erfahren wir Wissenswertes zu den Themen Sake trinken, Zug fahren und im Ryokan übernachten. Die Hörtexte sind alle von Ronja auf den iPod Mini gesprochen, so kann man hören, was einen interessiert. Sie zeigt uns Zürich abseits der bekannten Pfade, am Kloster-Fahr-Weg zücken alle ihre Handys und machen Fotos. Dieser idyllische Weg ist selbst für manchen Zürcher ein unbekannter Fleck. Wir treffen im Les Gourmandises de Miyuko an der Beckenhofstrasse ein. Sara Hochuli führt hier ein Café mit Puppenstubencharme und Mangas an den Wänden. Wir trinken giftgrünen Matcha-Tee, ein zu feinstem Pulver vermahlener japanischer Grüntee, essen Kuchen und versuchen uns an der japanischen Aussprache.

Alle sind im Reisefieber. Den Teilnehmenden hat die Tour Spass gemacht, «wir haben Tipps bekommen, damit wir in Japan nicht gleich ins Fettnäpfchen treten», sind sich alle einig. 

Nächste Japanspaziergänge: 16. Juni, 26. August, 22. September, 22. Oktober, 26. November. Preis: 170 Franken. www.ronjasakata.com

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