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Stadtratskolumne

Gerold Lauber

Von Grenzen und Zäunen

Heute ist mir mein historischer Schulatlas in die Hände gefallen – der «Putzger». Wie sich doch im Laufe der Jahrhunderte Machtverhältnisse und Grenzen in Europa und im Mittelmeerraum immer wieder verschoben haben. Vor unserer Zeitrechnung die Kelten, dann das Reich der Römer, die grossen germanischen Völkerwanderungen, die Jahrhunderte der Könige und Kaiser, viele Kriege, bis heute, und immer wieder neue Grenzen, andere Machtbereiche, Nationen oder Länder – ein bunter Flickenteppich wie der Wald im Herbst, immer wieder neu.

Grenzen wurden neu gezogen, Menschen und Völker sind umgezogen, haben ihre vertraute Umgebung verlassen müssen, vertrieben, deportiert, oder sie waren auf der Suche nach einer Lebensgrundlage. Freundlich empfangen wurden sie nirgends, Grenzwälle und Mauern wurden hochgezogen. Die Grosse Mauer in China und der Limes der Römer sollten Schutz bieten gegen die Barbaren aus dem Norden. Die Amerikaner versuchen heute, die 3000 Kilometer lange Grenze zu Mexiko zu sichern, der Eiserne Vorhang ist uns noch in schlechtester Erinnerung, und Israel zieht Betonwände quer durchs Land, um Palästinenser ein- oder auszuschliessen.

Auch heute lese ich in einer Zeitung: «Europäer fordern neue Zäune.» Länder im Südosten Europas schliessen ihre Grenzen. Dörfer und Regionen dort sind völlig überfordert. Europa, und die Schweiz ist Teil davon, steht vor einer historischen Herausforderung. Die Geschichte lehrt: Wenn Menschen in ihrer Heimat alles verlieren und um ihr Leben fürchten müssen, kommt es zur Migration; Zäune und Mauern halten sie nicht auf. Die Frage ist nur, wie wir mit dieser Tatsache umgehen. In diesen Wochen und Monaten schreiben wir europäische Geschichte mit.

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