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Kultur

Blues- und Soulsängerin Lilly Martin: «Du musst Heimat riechen, fühlen, ihren Sound spüren.» Bild: PD

Eintauchen in einen Swimmingpool voller Glück

Von: Jan Strobel

09. Januar 2018

Die 61-jährige Musikerin Lilly Martin gehört zu den Grössen der Schweizer Blues- und Soulszene. Jetzt erscheint ihr viertes Album «Minetta». Es ist eine Rückbesinnung auf ihre New Yorker Wurzeln. Am 20. Januar tritt Lilly Martin mit ihrer Band im Jazzclub Moods in Zürich auf.

Wir sitzen hier in Ihrem Wohnzimmer an einem kalt-verregneten Morgen, Blick auf den grauen Zürichsee. Vermissen Sie an solchen bluesigen Tagen manchmal Ihre Heimat New York?
Lilly Martin: Gerade, wenn wir vom Wetter sprechen, vermisse ich manchmal New York wirklich ein wenig. Dieses unbeschreibliche Licht, das an gewissen Tagen durch die Strassen von Manhattan scheint, das hat mich immer fasziniert. Aber natürlich ist die Schweiz längst eine Heimat geworden, seit ich vor 30 Jahren hierhergezogen bin. Ich habe im Lauf meines Lebens an vielen Adressen gewohnt. Aber nur zwei haben mir ein echtes Gefühl von Zuhause gegeben: meine jetzige Adresse und die Minetta Street in New York, in der ich einen Teil meiner Kindheit und Jugend verbrachte. 

Sie haben dieser Strasse auch Ihr neues Album «Minetta» gewidmet. Was macht denn die Minetta Street zu einem solch besonderen Ort?

Die Minetta Street ist ja eine sehr kleine Strasse im Greenwich Village, der Passant könnte sie leicht übersehen. Dennoch war sie immer ein Universum voller Kreativität, voller Energie und Kraft. Sie hat eine bewegte Vergangenheit. Vor hundert Jahren blühte dort die Prostitution, später war sie Teil des pulsierenden «Little Africa». In der Minetta Street, im Lokal Fat Black Pussycat, komponierte Bob Dylan seinen Song «Blowin’ in the Wind». Das Pussycat war in den 1960er-Jahren ein Hotspot der New Yorker Musikszene. 

Wie hat Sie das geprägt?

Ich war umgeben von Künstlern. Meine Mutter, eine Kubanerin, war Malerin, unsere Nachbarin Opernsängerin. Das war Nahrung für meine Seele. Ich sog die Musik um mich herum auf: Rock, Country, Gospel, kubanische Rhythmen. Ich erinnere mich, dass ich mich heimlich von zu Hause wegschlich, um Janis Joplin live erleben zu können. Diese Atmosphäre war wie ein Swimmingpool voller Glück, in den ich eintauchte. Und als ich aus dem Wasser stieg, blieb davon besonders etwas hängen: Blues und Soul. Mit meinem neuen Album gehe ich jetzt zurück zu meinen Wurzeln. Den Anstoss gab ein Besuch in New York vergangenes Jahr, als ich meinem Lebenspartner, Produzenten und Mit­musiker Michael Dolmetsch die Orte meiner Jugend zeigte. 

Besonders der melancholische Song «Life in the City», den Sie zusammen mit Michael Dolmetsch für «Minetta» komponierten, reflektiert dieses Heimatgefühl.

Für mich zeigt dieser spezielle Song, dass es nicht nur um die Menschen oder Orte geht. Du musst Heimat riechen, fühlen, ihren Sound spüren. 

Als Sie der Liebe wegen in die beschauliche Schweiz kamen, war das nicht ein grosser Schock für Sie?

Wenn es um das musikalische Umfeld ging, war es natürlich schon etwas schwierig. Die Vielfalt, die ich in New York erlebt hatte, fehlte hier. Aber ich war damals ja noch keine professionelle Musikerin. Was die Schweiz mir gab, waren Ruhe, Sicherheit, Ordnung, alles Dinge, die ich in meinem bisherigen Leben nie hatte. Ich gründete eine Familie, und irgendwann begann ich, meine musikalische Karriere richtig zu verfolgen. Die Schweiz erst machte mich ganz. 

Sie arbeiteten unter anderen mit Polo Hofer oder Philipp Fankhauser zusammen. Was haben Sie von diesen Schweizer Grössen mitgenommen?

Es waren unglaublich inspirierende Erfahrungen. Zu beiden spürte ich sofort eine tiefe Verbindung. Philipp Fankhauser und ich sind das, was wir in Amerika «Soul­mates» nennen, Seelenverwandte. An Polo Hofer imponierte mir seine Liebe zur Musik, sein Wissen, seine Spontaneität. Mittlerweile habe ich nach vier Alben zu meinem eigenen Stil gefunden, das war ein langer Weg. Und mit «Minetta» hat sich sozusagen ein Kreis geschlossen. Wenn du deinem Herzen folgst, kommst du dorthin, wohin du gehörst. 

Weitere Informationen:
Lilly Martin & Band
Konzert und CD-Release-Party
Jazzclub Moods, Zürich 
Samstag, 20. Januar, 20.30 Uhr
Album «Minetta» ist ab 19. Januar im Handel (Phonag Records)
www.lillymartin.com

Tickets zu gewinnen!

Das «Tagblatt» verlost 3 × 2 Tickets für das Konzert und die Plattentaufe von Lilly Martin vom 20. Januar 2018 im Moods. Senden Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefonnummer und dem Betreff Lilly an: 

gewinn@tagblattzuerich.ch

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