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C’est quoi, ça?
Von: Rita Angelone
Die Angelones
Beim Thema Französisch scheiden sich die Geister. Selber habe ich erst im Gymi mit «Franz» angefangen, und es war früh genug, um es sehr gut lernen zu können. Dennoch habe ich nichts dagegen, wenn Kinder heute schon in der Primarschule Fremdsprachen lernen müssen beziehungsweise dürfen, denn ich sehe dies als Chance. Auch finde ich es richtig, Vokabeln zu büffeln. Doch wenn das «vocabulaire» in einen an den Haaren herbeigeführten Kontext gestellt wird, so wundert es mich nicht, wenn es auch beim x-ten Lernversuch «partout» nicht sitzen will. Weil da null Praxistransfer möglich ist – und das wäre das A und O für ein wirksames und nachhaltiges Lernen.
Das Lehrmittel schimpft sich «wirklichkeitsnah konzipiert» und «mit authentischem Input verknüpft». Ich allerdings frage mich, wie man sich bitte Gemüse- und Fruchtsorten auf Französisch merken soll, wenn man diese nicht im Zusammenhang mit einem hundskommunen Einkauf auf einem «marché de fruits et légumes en Provence» lernen darf, sondern in Verbindung mit dem Erstellen von sophistizierten Esskreationen wie «un hérisson avec un corps de raisins et deux groseilles rouges pour les yeux» (ein Trauben-Igel mit Johannisbeer-Augen) oder ein «souris de poire avec des oreilles des feuilles d’ananas» (eine Birnen-Maus mit Ananasblatt-Ohren)!
Ich weiss schon, dass die Franzosen Haute-Cuisine-Virtuosen sind, aber fertigen sie wirklich täglich so viel unnützes Zeugs aus Gemüse und Früchten an, dass Primarschüler als wirklichkeitsnahes und authentisches Lernziel Kreationen aus Esswaren beschreiben können müssen? Müssen sich Kinder, wenn sie dann mal nach Frankreich zum Sprachaufenthalt gehen, wirklich über solche Themen mit der «famille d’acceuil» oder mit ihren «copains» unterhalten können? «Excusez-moi» – nur logisch, dass sie auch heute (moderne Lehrmittel hin oder her) immer noch nicht auf «Franz» stehen.
Rita Angelone (50) hat zwei Kinder (11- und 9-jährig).
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Leserkommentare
Eine Nachhilfelehrerin - Liebe Frau Angelone
Sie haben es sehr humorvoll auf den Punkt gebracht. Ihre Texte im Tagblatt sind einfach immer "der Hammer". Ich muss immer schmunzeln - und sie treffen immer den (manchmal tragischen) Kern eines Themas.
Dass weder die Lehrerschaft
mehr anzeigen ... noch die Kinder (und die Eltern) mit solchen Französisch-Unterlagen Lust auf (diese faszinierende Sprache) Französisch kriegen, ist leider nachvollziehbar. Das Thema Nachhaltigkeit lassen wir hier mal weg... . Aber beim Kanton Zürich scheint es eine Kaste zu haben, die im Selbst-Erhaltungs-Modus seit Jahrzehnten auf Steuergelderkosten unnötige Unterlagen "entwickelt", die meist Kopfschütteln verursachen. Der kleinkarierte, egozentrische und ineffiziente Kantönligeist lässt grüssen. Ob Französisch in der Primarschule auf diese Art Sinn macht, ist ein anderes Thema.