Damals

Klartext

55 ereignisreiche Jahre sind vergangen. Ich, ein fröhliches, quicklebendiges Mädchen von sieben Jahren, stehe staunend vor unserem neuen Haus. Für mich ein Märchenschloss, in einer Stadt, die mir sehr viel bedeutet. Niemand ausser mir besitzt ein Haus in dieser Grösse, niemand hat so wertvolle, wunderschön farbige Mosaikfenster, und schon gar niemand hat das Glück, mitten im Grünen zu wohnen, umgeben von saftigen Wiesen, mit Blick auf den See, im Rücken den stolzen Wald als Beschützer – nur ich, in «meinem» Haus.

Alles ist auf mich zugeschnitten. Ein Himmelbett für den Engel der Familie, ein eigenes Badezimmer mit viel zu hoch erscheinenden Lavabos, ein riesiger Spielplatz, der meine ganze Kinderwelt einschliesst, und ein romantischer Weiher, in dem sich «echte goldene» Fische tummeln. Das Rad der Zeit läuft weiter – Scheidung der Eltern – Trennung von «meinem Haus».

Heute stehe ich wieder vor dir, du Schloss meiner Kinderträume, in einer Stadt, deren Name keine Rolle mehr spielt. Klein und niedlich erscheinst du mir, mit deinen schrecklich kitschigen Mosaikfenstern, mit dem winzigen, verrotteten Sandkasten, umgeben von Häusern, mit Blick auf rauchende Schornsteine. Der Weiher ist verschwunden, die «echten goldenen» Fische tot. Und trotzdem – in meinen Kindheitserinnerungen wirst du ewig weiterleben. Du, mein Märchenschloss!

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