Frau Weissberg warf Waage weg!

Gestern beerdigte ich meine Lieblingsjeans. Diese hüftknappen Hosen kaufte ich, als ich in der höllischen Provinzidylle wohnte. Danach nahm ich sie bei jedem Umzug mit. ­Irgendwie war es tröstlich, dass ich am neuen Ort gleich in die heiss geliebten Jeans schlüpfen konnte. Sie sassen erst sehr satt, dann immer lottriger. Es taten sich an ihnen erst Löchli, schliesslich Canyons auf. Aber wegwerfen? Das wäre ja so, wie ganze Lebensabschnitte mit zu entsorgen. Niemals!! Aber irgendwann musste ich mir sagen: Tachles, Frau Weissberg, soo nostalgisch ist schon neurotisch! Die Jeans kannst du nicht mal mehr im Bett als Pyjama tragen, sogar Haushündin Irettli würde sich vor dir gruseln. Jetzt bin ich eigentlich eine, die als Lebensmotto hat: innerhalb dreier Tage zügelfertig! Drum sortiere ich emsig aus, auch weil meine Erben mich beweinen sollen und nicht die hinterlassene Sauerei. Aber meine beloved Memory-Jeans!? Die Beerdigung im Ghüderkübel war hart, doch ich fühlte mich gleich freier. So schmiss ich vorhin auch die Referenzjeans weg. Was das ist? Die zeigten an, ob ich eventuell zu fett geworden bin. Oje, das war jetzt vorschnell, da meine Waage auch längst entsorgt ist. Oh, jetzt kann ich doch kiloweise Cremeschnitten fressen, und niemand merkts. Hm, meine weibliche Logik habe ich gottlob behalten . . .

Marianne Weissberg analysiert mit voll­reifer Chuzpe ihr ­meschugges Leben in Zwingli-City.
www.marianneweissberg.ch

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