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Album

Christian Messikommer ist Journalist, verheiratet und Vater zweier Töchter.

Herr Ober!

Von: Christian Messikommer

06. Februar 2018

Meine ich das nur, oder sind die Kellner in den Zürcher Restaurants freundlicher geworden, ja schon fast zuvorkommend? Früher galt ein Kellner (Neudeutsch: Catering-­Assistant-Manager) bereits als freundlich, wenn er nicht handgreiflich wurde. Sie erinnern sich an den Typ: bodenlange Schürze, schulterlanges, fettiges Haar, gereizter Blick ins Leere. Er ist zwar im Lokal anwesend, aber nicht ansprechbar. Weder diskretes Zurufen noch dezentes Winken können seine Aufmerksamkeit erregen. Sein Gesichtsausdruck hat etwas Angewidertes, und du weisst: Du störst ihn am Arbeitsplatz. Diese Sorte fleischgewordener unprofessioneller Niedertracht scheint irgendwie ausgestorben zu sein. Oder haben die alle das Berufsfeld gewechselt und strafen die Menschheit mit noch mehr Boshaftigkeit? Vielleicht arbeiten sie heute in diesen Callcentern, die einem ständig telefonisch eine neue Versicherung aufschnorren wollen? Ich vermisse sie jedenfalls nicht. Was ist noch neu und anders? Die ersten Kinder mit den biblischen Vornamen, all diese Eliasse, Noahs, Hannas, Leas und Saras sind langsam erwachsen. Ihre Nachfolger auf dem Pausenplatz sind die Kinder mit den noch kürzeren Vornamen. Die heissen jetzt alle Ben, Eli, Tim, Mia, Uma, Leo, Aya, Jan, Lia und so. Den einzigen kurzen Vornamen in meiner Schulzeit hatte Urs. Mann war ich neidisch! Klar, war der besser in der Schule: Als ich meinen Namen endlich aufs Prüfungsblatt geschrieben hatte, war er schon mit der ersten Aufgabe fertig. Danke, Mom und Dad, für meinen tollen langen Vornamen, der mit dem noch längeren Nachnamen kaum aufs Briefkastenschild passt! Ich habe meine Eltern eigentlich nie Mom und Dad genannt. Aber wenn ich eines von meinen Töchtern gelernt habe, ist es, dass man zu «Mom» oder «Dad» viel besser genervt die Augen verdrehen kann. Halt so wie ein misslauniger Kellner.

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