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Maja tratscht
30. Dezember 2013Der ganz normale Wahnsinn in Patong
Ich habe etwas getan, wovon mir mein ganzes Umfeld abriet. Ich hab Patong besucht. Dabei handelt es sich um einen Ort auf Phuket. Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich diesen nur aus RTL-Reportagen, in denen Sextourismus thematisiert wird. Alte weisse Männer mit jungen Thai-Frauen. Klischee halt. Und gefundenes Fressen für mein neugieriges Ich.
Es ist Freitag, ca. 20 Uhr, als meine Freundin und Reisekumpanin Lisa und ich am Ort der angeblichen Sünde eintreffen. Nach einem dreiminütigen Spaziergang erreichen wir das Zentrum des Geschehens. Wir setzen uns in eine Bar, wo wir das Treiben aus sicherer Distanz beobachten können. Meinen wir zumindest. Es dauert keine zehn Sekunden, bis wir das erste Klischee bestätigt bekommen. An unser Nebentischchen setzen sich ein Mann und eine Frau. Er Westeuropäer, über 60, Bierbauch, unsympathisch. Sie Thailänderin, klein, fein, jung, sehr jung. Die beiden sprechen kein Wort miteinander. Bis zu dem Zeitpunkt, als sich eine Verkäuferin vor sie stellt, die Schmuck anpreist. Der Mann guckt gequält, während seine thailändische Freundin grosse Augen macht. Die Geschichte endet in einem Grosseinkauf.
Drei Minuten später: Der Mann will seine Freundin küssen. Sie windet sich, lächelt ihn an, verschwindet aufs Klo. Lisa und ich verstehen sie. Zeitgleich passieren eine Menge anderer Paare die Strasse. Das Bild ist immer dasselbe. Abgesehen von interkulturellen Beziehungen, die uns hier vorgeführt werden, gibt es eine Menge Betrunkene, die johlen, sich ihre T-Shirts vom Leib reissen und Thai-Frauen bejubeln, die hier an Stangen zahlreicher Bars tanzen. Das einzig Angenehme in Patong ist, dass Lisa und ich keines Blickes gewürdigt werden. Hier geht es um Aufriss von Thailänderinnen. Als Europäerinnen interessieren wir höchstens Strassenverkäufer, die von Plastikblumen bis ferngesteuerten Plüschhündchen alles verkaufen.
Lisa und ich trinken aus, um ein bisschen weiter zu spazieren. An der nächsten Strassenecke stehen zwei Männer. Einer schwingt eine Rieseneidechse, der andere ein Faultier um sich herum. Der Typ mit der Eidechse will mir Fotos andrehen. Ich soll das Tier auf die Schulter nehmen. Er mache einen guten Preis für mich. Wir flüchten in eine Nebenstrasse. Hier stehen sehr leicht bekleidete Thailänderinnen rum, die uns Flyer für Ping-Pong-Shows unter die Nase halten. Jetzt setzt sich unsere Vernunft gegen unsere Neugier durch. Lisa und ich hauen ab. Zurück nach Rawai, dem Ort, wo Stil gross – und Touristen-Shit klein geschrieben wird.
Klatschkolumnistin Maja Zivadinovic
ist Redaktorin bei Tilllate und «20 Minuten».
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Leserkommentare
Heidi Muster - Also bitte! Sextourismus gibt's auch in unseren Schweizerstädten nur einfach etwas versteckter. Es ist überall in der Welt zu sehen. Ihr stellt Patong so dar, als müsste man einen grossen Bogen um diese Stadt machen. Ich fliege nun schon zum 3. Mal nach
mehr anzeigen ... Patong und hab mich total in die Stadt und der Gegend verliebt. Vielleicht solltet ihr etwas weniger prüde sein und die Menschen so aktzeptieren, wie sie sind. Auch nicht gleich flüchten, wenn jemand ein Tier vor der Nase herumschüttelt. Einfach lächeln und Nein sagen, dann ist alles klar. Nett und freundlich sein, viel wird ja nicht verlangt. Wir Schweizer sind einfach zu kleinkariert und leben mit Scheuklappen. Ich würde am liebsten nach Patong auswandern!