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Patient oder Kunde?

Von: Stine Wetzel

09. Oktober 2018

Immer wieder höre ich ihn: den Ruf nach dem mündigen Patienten. Dass Patienten ihre Gesundheitsdaten selbst verwalten sollen. Sich entscheiden sollen zwischen Pille 1, 2 oder 3. Die Nebenwirkungen selbst im Online-Kompendium nachlesen. Den Arzt wechseln, wenn er oder sie einen zu wenig mitentscheiden lässt. Dieses Patient Empowerment klingt wie ein Heilsversprechen. Autoritätsgläubigkeit, blindes Vertrauen – passé, die Asymmetrie zwischen Halbgöttern in Weiss und Marionetten des Gesundheitswesens: vorbei. Man darf sich frei machen vom Paternalismus, selbstbestimmen. Klingt doch toll, oder? Na ja.

Erstens habe ich eher den Eindruck, dass viele die Mündigkeit falsch verstehen und sich zu ihren eigenen Ärzten aufzuschwingen versuchen, mit Google Halbwissen anhäufen (und aus jedem dritten Zipperlein ein böses Geschwür bis Krebs machen). Zweitens frage ich mich, wie selbstbestimmt und autonom man wirklich entscheiden kann, wenn man krank ist. Drittens schwingt in der Idee vom mündigen Patienten eine beängstigende Umdeutung mit: Medizin als Dienstleistung, der Patient als Kunde. Soll der Patient/ Kunde am Ende selbst schuld sein, wenn er eine unansehnliche Narbe am Bein davonträgt, nur weil er nicht misstrauisch genug war, um zu merken, dass der Arzt sich mit Verbrennungen nicht so gut auskennt?

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