Album
Politisch korrekte Weihnachten
Von: Gabriele Spiller
Neulich, man kann sagen, alle Jahre wieder, wurde die «Zäller Wiehnacht» aufgeführt. Das Singspiel von Paul Burkhard ist aber zeitgemäss gestrafft und sprachlich angepasst worden. «Rabeschwarzi Mohre» gibt es darin nicht mehr; die ganze Familie mit «Negervater, Negermueter, Negerbueb und Negermeitli» ist aus der aktuellen Version geflogen. Spannender scheint mir die Anpassung der Rollenbilder, die die Kinder verkörpern. Hiess es 1960 noch: «Striite isch gschämig», gilt das heute als antiquiert. Undenkbar auch, dass ein Mädchen sagt: «Wüssed ihr nöd, dass d Maria demüetig gsi isch, bescheide, sich nöd vordrängt hät?»
Im Wirtschaftswunderdeutschland durften die Kinder meiner Erfahrung nach etwas mehr auftrumpfen. Meine These ist, dass die von den Alliierten geprägten Curricula bereits im Schulsystem zur kritischen Auseinandersetzung und zum Debattieren anregten. Den Deutschen sollte das blinde Obrigkeitsfolgen aberzogen werden. Ich sprach mit Zürcher Freunden über die unterschiedliche Sozialisation. Mein Bekannter, ein «Kind» der alten «Zäller Wiehnacht», meinte, dass seine Lehrer vom Militär geprägt gewesen seien. Da habe man nicht aufgemuckt. Seine Frau, eine aktive Lehrerin, merkte an, dass ihr die Jugendlichen auch heute noch zu angepasst seien.
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