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Matthias Ackeret ist Journalist und Verleger.

Schlacht um den Alkohol

Von: Matthias Ackeret

03. Mai 2022

Kurz gesagt

Gottlieb Duttweiler ist 1962 gestorben. Dass über seine Visionen 60 Jahre später immer noch gestritten wird, beweist seine Unsterblichkeit. Am 4. Juni stimmen 2,3 Millionen Migros-­Genossenschafterinnen und Genossenschafter darüber ab, ob in den Migros-Filialen künftig auch Alkohol angeboten werden darf. Laut einer Tamedia-Umfrage stemmen sich mehr als die Hälfte der Schweizer dagegen. Was bedeuten würde: Haltung trotzt dem Kapital. Während andere Unternehmen Millionen aufwenden, um anders zu sein, strebt der orange Riese nach Normalität.

Mit der Aufhebung des Alkoholverbots würde aber einer der wichtigsten Glaubenssätze Duttis fallen, sozusagen die DNA des Unternehmens. Allein schon die Tatsache, dass darüber abgestimmt wird, beweist dessen Andersartigkeit. Vielleicht war es eben gerade dieses Alkoholverbot, das die Migros zu dem machte, was sie heute ist: der grösste Detailhändler des Landes – oder um es in deren Werbesprache zu sagen: «Ein M besser».

Selbstverständlich ist auch die Migros nicht so selbstlos, wie sie sich manchmal gibt: Denner und Migrolino bieten längst Alkohol an, doch die klassischen M-Läden sind seit bald 100 Jahren clean. Trotzdem erinnert die ganze Schlacht an die katholische Kirche. Mit dem ehemaligen Migros-Boss Herbert Bolliger, Ex-Cheflobbyisten Martin Schläpfer und den ehemaligen Kommunikationsverantwortlichen Monica Glisenti und Urs Peter Naef, die sich lautstark für die Beibehaltung des Alkoholverbots einsetzen, versucht der Altpapst die konservative Linie zu halten, meines Erachtens zu Recht. Am Limmatplatz, dem Vatikan der Migros, löst dies nicht nur Freude aus. Aber Dutti mit Jesus zu vergleichen, ginge doch zu weit: schliesslich verwandelte dieser Wasser in Wein. Dutti blieb beim Wasser.

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