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Album

Zürich im Herzen

Von: Jan Strobel, Redaktor

17. April 2018

Klartext

«Haben Sie eine zweite Heimat?» Die Frage stellte Max Frisch in einem seiner Fragebögen. Mein Freund, Syrer, kam vor ein paar Wochen in Zürich an. Im Herzen trägt er natürlich sein Heimatland mit sich, seine Stadt, seine Eltern, den Garten mit den Pfirsichbäumen. Nun soll also Zürich ein Platz in seinem Herzen bekommen, zur besagten zweiten Heimat werden. Wie sieht so einer unsere Stadt, die er jetzt schon «Züri» nennt? Er sieht zuerst die Strasse im Quartier, in dem er wohnt, in seinem Fall Wiedikon, die blühenden Alleen, die säuberlich gebundenen Altpapierbündel am Strassenrand, die alten Häuser mit ihrem Fachwerk, der stolze Turm der Bühlkirche, die zufriedenen Gesichter der Passanten, die Sitzbank oberhalb der Kollerwiese, die er für sich entdeckt hat. Er verliebt sich in dieses Quartier. Und natürlich beginnt er selbst nach einer Woche, Zeitungsbündel zu binden, den Entsorgungskalender zu studieren, in der Migros eine Bratwurst zu kaufen. Er will Teil werden dieses Lebens. Was er sonst noch liebt: die Altstadt in der Nacht, wenn sich die Lichter in der Limmat spiegeln, die Bläue des Sees, die Möwen, den Alpenkranz bei Föhn. Vielleicht, sagt er, pflanzt er auf seinem sonnigen Wiediker Balkon bald einen Pfirsichbaum. 

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