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Stefan Urech ist IT-Spezialist und SVP-Gemeinderat.

Zürichs Urlinker

Von: Stefan Urech

15. Februar 2022

Als die jüdische Bevölkerung im 14. Jahrhundert in Zürich grausam verfolgt wurde, soll Zürichs erster Bürgermeister Rudolf Brun nicht nur tatenlos zugeschaut, sondern sich dabei sogar persönlich bereichert haben. Dies behaupten jedenfalls die SP und die Alternative Liste und leiten daraus die Forderung ab, dass die Rudolf-­Brun-Brücke umbenannt werden soll. Die Quellenlage dazu ist allerdings so dürr, dass die erwähnten Vorwürfe in einem vom Stadtarchiv verfassten Bericht als «Spekulationen» verworfen wurden.

Anderes ist hingegen historisch belegt. Rudolf Brun führte 1336 den Aufstand der Handwerker gegen die damals herrschende, ihre Macht gnadenlos ausnutzende Schicht aus Kaufleuten und Rittern an. Kurz nach der erfolgreichen Revolution erliess er die «Brunsche Zunftverfassung», die fortan in Zürich während mehr als 400 Jahren galt. Statt Adlige, Geistliche oder Kaufleute, wie in manchen europäischen Städten üblich, regierten fortan die Vorsteher von Vereinigungen von Handwerkern wie beispielsweise Schuhmacher, Zimmerleute oder Bäcker. Nur eine von 14 Zünften war den Kaufleuten vorbehalten. Mittels planwirtschaftlicher Massnahmen verunmöglichte die vom Zunftwesen geprägte Verfassung die Entwicklung von Grossbetrieben und verhinderte praktisch jegliche Konkurrenz.

Während die Zünfte der «Brunschen Verfassung» den wirtschaftlichen Wettbewerb beinahe ausschalteten, förderten sie das Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den Handwerkern, nicht zuletzt dank sozialer Auffangnetze und einer institutionalisierten Vernetzung. Es gibt Ökonomen, die in diesen Zünften gar einen Vorgänger der heutigen Gewerkschaften sehen.

Kurz gesagt: Der bei der linken Bourgeoisie in Ungnade gefallene Rudolf Brun scheint in mancher Hinsicht ein Urlinker gewesen zu sein …

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