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Gut zu wissen

Znüni für die Chauffeure von Welti-Furrer im Restaurant Escherhof an der Turbinenstrasse. Bild: Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich

Eine Kindheit an der Turbinenstrasse

28. April 2016

Dort, wo heute nur noch das «Nagelhaus» steht, verbrachte «Tagblatt»-Leserin Ursula Hässig ihre Kindheit. Ihr Bericht gibt einen Einblick in ein Zürich-West, das längt verschwunden ist.

Ich bin an der Turbinenstrasse aufgewachsen. Zwischen dem Restaurant Escherhof und dem jetzigen «Nagelhaus». Ich kann auf sehr schöne Kindheitserinnerungen zurückblicken. Das Gebäudeensemble umfasste seinerzeit sechs Häuser mit einem Innenhof. Das Nagelhaus gehörte nicht dazu, es stand etwas abseits. Das Restaurant Escherhof bildete so etwas wie ein Eckpfeiler. Ich habe dort meine frühen Jugendjahre verbracht, half in der Küche aus (Bohnen fädeln, Kartoffeln rüsten) und war stolz darauf, um 9 Uhr den Chauffeuren von Welti-Furrer den Znüni an die Tische bringen zu dürfen. Die Wirtefamilie besass auch ein Badezimmer und vor allem einen Fernsehapparat in der Gaststube.
Wie oft sass ich bei der Familie am Tisch und ass Wurstsalat mit Rösti. Es gab Zeiten, da wollte ich sogar Wirtin werden und den Sohn der Wirtefamilie heiraten!

Wir wohnten im Nebenhaus, unten war ein kleiner Gemischtwarenladen, in der Waschküche befand sich die Badewanne für alle Hausbewohner. Baden konnten wir nur, wenn die Mutter grosse Wäsche hatte und es heisses Wasser gab. In unserem Gebäudekomplex lebten nur etwa zehn Kinder, aber dafür waren wir eine eingeschworene, kleine Gemeinschaft.

Anschliessend an unsere Häuser befand sich ein grosses Gartenareal. Fast jeder hatte einen Schrebergarten. Wir hielten auch Kaninchen. Die Turbinenstrasse fiel leicht ab, dort lernten wir Kinder das Velofahren. In den Kindergarten und zur Schule mussten wir weit laufen. An der Kehrichtverbrennung vorbei, unter dem Viadukt durch und der Josefswiese entlang bis zum Limmatplatz. Aber es war ein sehr spannender Schulweg.

Zu dieser Zeit zogen die ersten südländischen Familien in den Kreis 5, und es roch schon frühmorgens nach Essen. Alles war neu und fremd für uns Schweizer Familien, aber auch spannend.
Als ich zehn Jahre alt war und wir zu fünft eine kleine 3-Zimmer Dachwohnung teilen mussten, zogen wir  in ein «ehrenwertes» Quartier, in den Kreis 3.

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