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Gut zu wissen

Am Ende stand Romy Schneider vor dem Scherbenhaufen ihrer Existenz. Bild: PD

Romys letzter Wille

Von: Jan Strobel

09. März 2011

Kurz vor ihrem Tod verfasste Schauspielerin Romy Schneider in Zürich ihr Testament.

Die Frau schien in Trance. Sie sass an einem Tisch im Hotel Baur au Lac, schüttete Rotwein in sich hinein und begann, kaum leserlich, ihr Testament für ihren Lebenspartner und ihre Tochter zu verfassen. «Mein Testament, 10. 5. 1982, Zürich. Ich bitte Herrn Dr. H. was ich – Romy Schneider – alles besitze, an Laurent Petin und meine Tochter Sarah zu überweisen. Ich meine, es ist, nochmals gesagt, mein Testament, all mein Besitz ist bestimmt für Mr. Laurent Petin und Sarah! Dies ist mein Wille und bleibt meine Entscheidung – Romy Schneider.»

Der «Dr. H.», welcher den letzten Willen der Schauspielerin vollstrecken sollte, war der Anwalt Henrik Kaeslin, der am Limmatquai 2 seine Kanzlei führte. Kaeslin – ein Freund der Schauspielerin – fungierte gleichzeitig auch als ihr Steuerberater. An jenem Mai-Tag hatte Romy Schneider völlig aufgelöst sein Büro aufgesucht und ihn um Hilfe gebeten. «Sie erzählte mir, es klappe bei ihr nichts mehr, zudem plage sie die französische Steuerbehörde bis aufs Blut», erinnerte sich Kaeslin Jahre später. In ihr Zürcher Domizil an der Höngger Segantinistrasse 50 wollte Schneider nicht. Sie quartierte sich stattdessen im Baur au Lac ein. Kaeslin: «Sie war nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte.»

Tatsächlich befand sich Romy Schneider in äusserster Bedrängnis. Es ging um über 7 Millionen Franc, die am französischen Fiskus vorbeigeschleust worden waren. Und auch auf den Anwalt und «Freund» Kaeslin fiel ein schiefes Licht – von der Summe kassierte er über 700 000 Franc, ohne seine Mandantin allerdings vor dem Zugriff der Finanzbehörden zu schützen. Stattdessen gründete er für Romy Subunternehmen in Liechtenstein und der Schweiz, um in ihrem Namen Immobiliengeschäfte zu betreiben.

Romy Schneider war am Ende. Nach dem tragischen Unfalltod ihres Sohnes, Alkohol- und Drogenexzessen und dem Verlust einer Niere, gab ihr das finanzielle Desaster den Rest. 19 Tage nachdem sie ihr Testament im Baur au Lac verfasst hatte, wurde sie tot in ihrer Pariser Wohnung gefunden.

In ihrem letzten Telefongespräch mit ihrem Bruder Wolfdieter Albach, der in Zürich als Arzt arbeitete, konnte sie nur noch hilflos sagen: «Ich schaffe es nicht, ich schaffe es nicht.»

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