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Gut zu wissen

Fluchen verboten: Zwingli trug an den strengen Sittenmandate in Zürich massgeblich bei. Bild: PD

Zürich im Mittelalter: Todesstrafe fürs Fluchen

Von: Clarissa Rohrbach

27. Januar 2015

Sittenmandate der Stadt verboten «üble Schwüre». Wer trotzdem über Gott lästerte, musste büssen oder sterben.

Am 3.  Juli 1520 atmete Hans Wingartner ein letztes Mal tief ein, dann rollte sein Kopf. «Gotts Chrüz im Himmel», hatte er gewagt zu sagen, ohne sich nur eine Sekunde vor dem Zorn des Allmächtigen zu fürchten. Für die Behörden war klar: Solch sündhaftes Verhalten muss bestraft werden. Wer das gleiche Schicksal vermeiden wollte, fluchte mit einem salonfähigen «verbrännti Zäine». Denn zwischen dem 14. und dem 18. Jahrhundert waren »Gotteslästern und üble Schwüre» in Zürich verboten.


Die Obrigkeit des Stadtstaats fühlte sich nach Zwinglis Reformation an den Willen Christi gebunden. Dazu gehörte auch, dass die Regierung die Untertanen zu einem gottgefälligen Leben erzog. Fluchen, rauchen oder spielen: Sittenmandate verboten all die Frivolitäten, die Gott hätten erzürnen können. Man wusste: Er wird sich mit Naturkatastrophen und Plagen rächen, auch bei den Unschuldigen.


Am Segen Gottes mussten also alle mitarbeiten. So führte die Stadt 1650 die Pflicht ein, Fluchende mit einem Zettel anzuzeigen. Wer es nicht tat, wurde gleich hart bestraft wie der Beschuldigte. Für «Gotts Nasä» gab es acht Tage Exil oder eine Busse, die darin bestand, niederzuknien, mit dem Finger dort, wo man geflucht hatte, ein Kreuz auf den Boden zu zeichnen und es danach zu küssen. Schlimmeres wie «Gotts Wunden» hatte den Tod verdient.


Trotzdem fluchten Jung und Alt fröhlich weiter. Immer wieder klagten die Aufseher, «dass ir vorusgangen Mandat [...] schlechtlich gehalten wird». Mit dem Ende des Ancien Régime 1798 wurden die Sittenmandate abgeschafft. Doch die Artikel über das Fluchen waren bereits 1760 verschwunden. Historiker vermuten, dass die Obrigkeit schlicht aufgegeben hatte.

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