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Interview

Seit 25 Jahren betreut Cornelia Schweizer ihre Kundschaft am Hottingerplatz mit viel Leidenschaft. (Bild: Sabine Dreher)

«Bücherleser sind glücklichere Menschen»

Von: Isabella Seemann

20. August 2019

Das Engagement für die Buchbranche ist für sie Herzenssache. Seit 25 Jahren führt Cornelia Schweizer (65) erfolgreich die Buchhandlung am Hottingerplatz, die zum Treffpunkt für Lesende und Schreibende wurde.

Cornelia Schweizer, Sie engagieren sich seit Jahrzehnten für die Buchbranche, Sie müssen es wissen: Wie steht es um den Buchhandel in Zürich?

Cornelia Schweizer: Die Zürcher Buchhandelslandschaft ist immer noch oder wieder erstaunlich vielfältig. Nach dem Sterben der mittelgrossen Buchhandlungen sind in den letzten Jahren etliche neuere Buchhandlungen gegründet worden. Sie bestehen und gedeihen neben der grossen Buchhandelskette Orell Füssli Thalia in Quartieren und in Nischen. Und es gibt nach wie vor gute junge Leute in der Branche. Deshalb ist die Aus- und Weiterbildung so eminent wichtig.

Wie nehmen Sie die Krise der Buchhandlungen wahr?

Da man sich im Geschäft mit Büchern keine goldene Nase verdient, war schon immer von «Krise» die Rede. Uns Schweizer Buchhändlerinnen machen die tiefen Euro-Preise Probleme. Etwa vier Fünftel unseres Sortiments kommen aus dem Euro-Raum, vor allem von deutschen Verlagen. Diese setzen ihre Preise so tief wie möglich fest. Deshalb sind die Bücher zu billig geworden. Wenn das Buchbudget unserer Kundschaft konstant bleibt, kriegen sie einfach mehr Buch für ihr Geld.

Es ist auch von einer Krise des Lesens die Rede. Bemerken Sie ein schwindendes Interesse an der Literatur?

Es stimmt, dass die Anzahl der Buchkäufer rückläufig ist. Aber das Interesse an Literatur und Philosophie ist gestiegen. Viele neue Lesekreise sind aktiv und tauschen sich rege aus über ihre Lektüre. Das Echo auf das Literaturfestival «Zürich liest» beweist jedes Jahr wieder neu, dass die Zürcherinnen und Zürcher nicht lesefaul sind! Und davon bin ich überzeugt: Bücherleserinnen sind glücklichere Menschen.

Können Buchhandlungen nur dank Eventisierung wie Cafés und Autorenlesungen überleben?

Wir möchten gerne leben und nicht nur überleben. Dies gelingt mit Professionalität und Herzblut, klarem Profil und der Liebe zu Menschen und Büchern. Autoren- und Themenveranstaltungen gehören sicherlich auch dazu. Die Buchhandlung als Treffpunkt und Begegnungsort, wo Kunden willkommen sind und sich wohlfühlen.

Was kann eine unabhängige Buchhandlung besser als der Onlinebuchhandel?

Der Bildschirm lächelt Sie nicht an und serviert Ihnen keinen Kaffee! Jeden Tag sind es die persönlichen Begegnungen und damit die Nähe zur Kundschaft. Viele Kunden sind Freunde geworden. Die Bücherauswahl ist fein auf sie abgestimmt. Die Bücher sind zum Anfassen und Anschauen da. Geschenkideen und Büchertipps der Buchhändlerin für jede Gelegenheit sind treffsicherer und individueller als alle Algorithmen. Dafür freundlich, kompetent und einfallsreich. Mit Freude am Beruf. Und mit Humor.

Gibt es in 25 Jahren noch klassische Buchhandlungen?

Was wesentlich ist, bleibt. Das Buch wird es immer geben, das ist eine Erfindung wie das Velo oder der Löffel, die werden auch nicht irgendwann einfach verschwinden. Ob es klassische Buchhandlungen wie am Hottingerplatz oder Kulturhäuser wie Kosmos sein werden, geistige Tankstellen und Treffpunkte für Menschen und Bücher wird es weiterhin geben und brauchen.

Was empfehlen Sie aktuell?

«Eine irische Familiengeschichte» von Graham Norton und «Verzeichnis einiger Verluste» von Judith Schalansky. Diese beiden Bücher sind wunderbare Begleiter durch den Sommer.
Weitere Informationen zu Veranstaltungen in der Buchhandlung am Hottingerplatz: www.buchah.ch

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