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Interview

FCZ-Trainer Ludovic Magnin: «Meine Stimme ist stark genug, dass mich die Spieler auch in einem vollbesetzten Stadion hören.» Bild: Sacha Beuth

«Der FCZ wird weiter Vollgas-Fussball spielen»

Von: Sacha Beuth

22. Juni 2020

Dem FCZ ist die Meisterschaftsrückkehr nach der Corona-Zwangspause missglückt. Das Team von Ludovic Magnin unterlag auswärts YB mit 2:3. Trotzdem ist der Trainer der Zürcher für den verbliebenen Teil der Rückrunde optimistisch gestimmt und hält nach wie vor am Saisonziel "Europacup-Platz" fest.

Gegen YB hatte Ihr Team zur Pause noch mit 2:1 geführt. Am Schluss siegten die Berner aber doch mit 3:2. Wie lautet Ihr Fazit zum Spiel?

Ludovic Magnin: Im Fussball gibt es immer zwei Dinge, die man betrachten kann: Die Art und Weise, wie man Fussball spielt, und der mathematische Teil. Die Art und Weise, wie wir auswärts gegen den Meister YB gespielt haben, hat mir gefallen und Freude bereitet. Ich habe eine bissige und mutige Mannschaft gesehen, die resultatmässig am Ende mehr verdient hätte. Auf dieser Leistung können wir gut aufbauen.

Wie hat es sich angefühlt, nach fast drei Monaten Zwangspause wieder den regulären Spielbetrieb aufnehmen zu können?

Wir haben uns alle sehr darauf gefreut und waren extrem motiviert. Jetzt hoffe ich, dass es bald auch wieder möglich wird, vor Publikum zu spielen. Mir fehlt die Ambiance, die Emotionen. Ein Publikum kann dich tragen und an deine Leistungsgrenze bringen. Mithilfe des Publikums kann ein Spiel gedreht oder in eine andere Richtung gelenkt werden. Geisterspiele – das zeigen Analysen – bevorteilen dagegen den Favoriten.

Dass es im Stadion weniger laut ist, müsste Ihnen aber auch entgegenkommen. So können die Spieler Ihre Anweisungen besser verstehen.

Nun gut, ich kann in Sachen Lärm nicht 30 000 Fans ersetzen. Aber meine Stimme ist stark genug, dass mich die Spieler auch in einem vollbesetzten Stadion hören (lacht).

Nicht nur das Umfeld im Stadion, auch das des Trainings hat sich seit Corona verändert. Wie sehr beeinflussen die Schutzmassnahmen Ihren Alltag und den des Teams?

Ich muss sagen, die Lockdown-Phase war schon speziell. Erst hattest Du keinen Direktkontakt mehr zu den Spielern und hast Dich nur mit SMS oder Telefon mit Ihnen unterhalten können. Dann wurden die Vorschriften zwar gelockert und seit dem 25. Mai gibt es wieder ein eigentliches Mannschaftstraining. Aber mit all dem Händewaschen, Händedesinfizieren, Abstandhalten, Mundschutztragen, Fiebermessen und anderen Hygienemassnahmen kam es mir zuletzt vor, als wäre der Garderobentrakt ein Spital und ich ein Chirurg vor einer Operation. Beruflich gesehen war und ist die Situation nicht optimal, dafür brachte sie aber privat ein paar Vorteile mit sich. 

Inwiefern?

Ich hatte seit vielen Jahren wieder mal ein paar freie Wochenenden. Und ich hatte mehr Zeit für die Familie. Über Wochen jeden Tag mit den Kindern zu spielen und sie teilweise auch zu unterrichten ist etwas, das ich sehr genossen habe.

Zurück zum Fussball. Mit St. Gallen wartet morgen Donnerstag gleich ein weiterer Brocken. Hätten Sie sich für die Wiederaufnahme der Meisterschaft nach dem Corona-Lockdown nicht lieber ein paar leichtere Gegner gewünscht?

Im Gegenteil, ich bin froh, dass wir uns nach der Coronapause sofort mit den Topteams messen können und somit gleich wissen, wo wir stehen. Zum Start der Rückrunde haben wir in fünf Partien zwei Punkte geholt, das zeigt, dass es in der Super League keine einfachen Gegner gibt. Wenn wir so spielen wie zuletzt gegen YB, bin ich jedoch zuversichtlich, dass wir Punkte einfahren werden.

Vor einigen Tagen teilte Ihr Klub mit, dass statt Thomas Bickel künftig der bisherige U21-Coach Marinko Jurendic das Amt des Sportchefs ausführen wird. Was halten Sie von diesem Wechsel?

Die Klubführung hat die Lage analysiert und eine Entscheidung getroffen. Es ist nicht an mir, dies zu kommentieren. Bis Ende Saison ist Thomas Sportchef und bis dahin werden wir normal weiter zusammenarbeiten und uns wie gewohnt bei den täglichen Meetings austauschen.

Beim FCZ ist die Defensive eine Dauerbaustelle. Schon lange sucht man einen überdurchschnittlichen Linksverteidiger und nun steht auch die Meldung im Raum, dass Rechtsverteidiger Kevin Rüegg in die Bundesliga wechseln soll. Können Sie mit dem gegenwärtigen Kader diese Löcher adäquat stopfen oder braucht es dringend Verstärkung?

Wir werden die nächsten sechs Wochen sehr gut mit dem aktuellen Kader meistern. Die Jungs haben mein vollstes Vertrauen für die noch verbleibenden 12 Spiele. Klar ist auch, dass wir uns auf den Positionen, auf denen wir eher dünn besetzt sind, auch bereits für die nächste Saison vorbereiten.

Dann bleibt eine Platzierung, die für einen europäischen Wettbewerb berechtigt, das Saisonziel?

Ja. Das haben wir zu Beginn der Saison so kommuniziert und daran hat sich nichts geändert. Wir haben jetzt ein geballtes Programm zu meistern, mit vielen Spielen und nur wenig Zeit für Trainings und Erholungsphasen. Je näher das Saisonende rückt, desto wichtiger wird es sein, noch Kräfte mobilisieren zu können und möglichst keine Verletzungen einzufangen. Deswegen werden wir unseren Spielstil aber nicht ändern. Der FCZ wird weiter Vollgas-Fussball spielen.

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