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Interview

Vorsorgen ist generell besser als Heilen: Dies gilt auch für Impfungen bei Katzen und Hunden. Bild: PD

Ein kleiner Piks mit grosser Wirkung

Von: Isabella Seemann

06. März 2018

TIERIMPFUNG Die Schweizerinnen und Schweizer lieben ihre Haustiere. Aber versorgen sie sie auch medizinisch optimal? Tierärztin Ursula Morach von der Kleintierpraxis Letzi über das richtige Impfen bei Hunden und Katzen.

Impfgegner vermuten, hinter dem Aufruf zum Impfen stünden nur Interessen der Pharmafirmen. Was erwidern Sie?

Ursula Morach: Impfprophylaxe ist die wichtigste Massnahme zur Verhinderung von Infektionskrankheiten, dies gilt für Human- und Veterinärmedizin gleichermassen. Dank Impfprogrammen konnte in der Schweiz beispielsweise die Tollwut ausgerottet werden. Durch den stark zunehmenden Import von Tieren aus dem Ausland oder das Reisen mit ungenügend geimpften Hunden und Katzen besteht aber die Gefahr, dass Krankheiten, die wir in der Schweiz nicht mehr sahen, wieder eingeschleppt werden.

Eine weitere Behauptung von Impfgegnern lautet: «Unsere Tiere werden zu viel geimpft.» Haben sie recht?

Mit den aktuellen Impfempfehlungen der Schweizerischen Vereinigung für Kleintiermedizin (SVK-ASMPA), welche von Spezialisten nach internationalen Richtlinien regelmässig angepasst werden, und dem jährlich empfohlenen Gesundheitscheck durch Tierärzte kann das Impfschema für das einzelne Tier individuell angepasst werden. Somit verhindert man eine Überimpfung und beugt gleichzeitig gefährlichen Krankheiten vor.

Haben Sie in Ihrer Praxis oft mit Krankheiten zu tun, die eine Impfung hätte verhindern können?

Keine Impfung bietet hundertprozentigen Schutz, der Krankheitsverlauf ist aber bei geimpften Tieren milder. Ein gutes Beispiel ist die bakterielle Infektionskrankheit Leptospirose: Seit der neue Impfstoff Lepto 6 auf dem Markt ist, sehen wir praktisch keine Krankheitsfälle mehr, wenn die Hunde korrekt geimpft sind. Davor hatten wir in unserer Praxis jährlich mehrere schwerwiegende Fälle, teils mit Todesfolge. Bei ungeimpften Katzen sehen wir immer wieder Katzenschnupfen und auch ab und zu Fälle von Leukose, die durch das ansteckende Leukämievirus FeLV hervorgerufen wird.

Müssen auch kleine Stadthunde geimpft werden?

Ja, wichtig sind eine gute Grundimmunisierung mit Staupe, Parvovirose, infektiöse Leberentzündung, Zwingerhusten und Lep­to­spirose und dann die Wiederholungsimpfungen nach den aktuellen Impfempfehlungen, abhängig von individuellen Faktoren wie Haltung und Infektionsdruck. Hunde können sich auf dem Spaziergang oder im Stadtpark mit diesen Krankheiten anstecken. Fast alle Hunde in der Schweiz haben ein Risiko, sich mit Leptospirose und Zwingerhusten zu infizieren. Viele Tierheime oder Hundepensionen verlangen deshalb zusätzlich die intranasale Zwingerhustenimpfung. Bei Tieren, die ins Ausland reisen, ist ein guter Impfschutz von Bedeutung und die Tollwutimpfung gesetzlich vorgeschrieben.

Wie ist es bei Freigängerkatzen?

Bei allen Katzen ist die Impfung gegen Katzenseuche und Katzenschnupfen wichtig, da man diese Viren ins Haus schleppen kann. Die Leukoseimpfung braucht es zusätzlich bei Freigängerkatzen oder Kontakt zu anderen Katzen mit Freigang oder unbekanntem Impfstatus.

Warum schützt ein geimpftes Tier auch andere Tiere?

Je mehr Tiere geimpft sind, desto weniger können sich die Krankheiten ausbreiten. Ziel ist eine Durchimpfungsrate von mindestens siebzig Prozent. Es ist eine Fehlannahme, dass wenn ungeimpfte Tiere nicht krank werden, das als Beweis für die Unnötigkeit von Impfungen gilt. Tatsächlich ist es so, dass diese ungeimpften Tiere von einem niedrigen Infektionsdruck in einer Population mit hoher Durchimpfungsrate profitieren.

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