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Interview

Ben Kingsley als Salvador Dalí mit Andrea Pejic (als Amanda Lear, l.) und Barabara Sukova (als Gala Dalí, r.) in «Dalíland». Bild: PD

Hollywoodstar Ben Kingsley sagt Zürich «Danke schön»

Von: Sacha Beuth

05. Oktober 2022

Eigentlich hätte Ben Kingsley am letzten Donnerstag seinen vom Zurich Film Festival verliehenen Golden Icon Award persönlich abholen wollen. Die Nachwehen einer Covid-Erkrankung machten dem einen Strich durch die Rechnung. Trotzdem stand der Oscar-Preisträger via Video-Konferenz den Fragen der Medien zur Verfügung und sprach über seine Karriere und seinen neusten, am ZFF präsentierten Film «Dalíland». 

Geht es um Charakterrollen, führt kein Weg an Sir Ben Kingsley vorbei. Seine brillante Darstellung als «Gandhi», für die der 78-Jährige folgerichtig einen Oscar erhielt, wird für immer unvergessen bleiben. Aber auch als Lenin («Der Zug»), Simon Wiesenthal («Recht, nicht Rache») oder Itzhak Stern («Schindlers Liste») schlüpfte er überzeugend in real existierende Personen. Grund genug für das Zurich Film Festival, den britisch-indischen Schauspieler mit dem Golden Icon Award für sein Lebenswerk zu ehren. Wegen einer kürz­- lich überstandenen Covid-Erkrankung blieb Kingsley aber auf Anraten seiner Ärzte dem ZFF fern. Dadurch war es ihm auch nicht möglich, seinen neusten Film «Dalí­land», in dem er den berühmten spanischen Maler Salvador Dalí spielt, persönlich vorzustellen. Trotzdem liess er es sich nicht nehmen, den Medien über eine Videokonferenz im Hotel Baur au Lac Rede und Antwort zu stehen.

Nach Oscar, BAFTA und Golden Globe – um nur ein paar Auszeichnungen zu nennen – haben Sie nun den Golden Icon Award des ZFF erhalten. Was bedeutet dieser Preis für Sie?

Ben Kingsley: Es ist eine riesige Ehre, einen Golden Icon Award zu bekommen. Insbesondere von einem jungen und ambitiösen Festival wie dem ZFF. Das verleiht dem Preis einen besonderen Glanz, was mich mit grossem Dank erfüllt. Das Schlüsselwort hierbei ist für mich Icon, also ein Symbol sein, ein gutes Beispiel abgeben. Wenn ein Schauspieler für sein bescheidenes Werk gefeiert wird, dann muss er ein gutes Beispiel für andere abgeliefert oder diese gar inspiriert haben. Nun hoffe ich, dass ich den Preis nächstes Jahr persönlich in Empfang nehmen kann.

Waren Sie überhaupt schon einmal in Zürich?

Oh Ja. Während meiner 12 bis 15 Jahre mit der Royal Shakespeare Company Ende der 1960er bis Anfang der 1980er waren wir bei einer Tournee auch in Zürich. Wir führten damals «Troilus und Cressida» auf. Ich erinnere mich gerne daran zurück. Es war eine aufregende Zeit.

Vor seinem Engagement bei der­ Royal Shakespeare Company hatte Krishna Pandit Bhanji, wie Kingsley richtig heisst, Mühe, überhaupt eine Theaterrolle zu bekommen. Erst als er sich mit 19 Jahren auf Anraten seines Vaters den heutigen Künstlernamen zulegte, verlief das folgende Vorsprechen erfolgreich. Kingsley erfuhr Rassismus am eigenen Leib, weshalb die Antwort auf die nächste Frage nicht verwundert.

Welche Rollen haben Sie besonders geprägt beziehungsweise sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Wahrscheinlich die von Simon Wiesenthal und Itzhak Stern. 1988 hatte ich das Privileg, Ersteren in Wien kennenzulernen. Es war beeindruckend und bewusstseinserweiternd, mehrere Stunden mit einem der bekanntesten Überlebenden des Holocaust zu verbringen, der sich bis an sein Lebensende dafür einsetzte, dass die schrecklichen Taten nicht vergessen und die Täter zur Verantwortung gezogen werden. Danach wurde ich von Steven Spielberg eingeladen, die Rolle von Schindlers jüdischem Geschäftsführer Itzhak Stern zu übernehmen. Erst wusste ich nicht, ob ich den Ansprüchen genügen kann. Im direkten Gespräch aber zeigte sich, dass Steven und ich so ziemlich die gleiche Ansicht hatten, wie die Rolle anzulegen sei, und ich sagte zu.

In seinem neusten Werk, «Dalíland» beeindruckt Kingsley als Salvador Dalí. Im Film wird das spätere Schaffen des exzentrischen Malers, Bühnenbildners, Bildhauers und Autors ab Mitte der 70er Jahre aus der Sicht eines jungen Galerie-Assistenten James Linton beschrieben. Dieser erlebt Dalí als eitlen Selbstdarsteller und Provokateur, aber auch als höchstverletzliche Person, dem die Eskapaden seiner Frau Gala und die Angst vor dem Tod zu schaffen machen.

Wie haben Sie sich auf die Rolle als Salvador Dalí vorbereitet?

Die Basis bildeten neben dem wundervollen Skript von Drehbuchautor John Walsh, zwei Biografien über den Künstler sowie ein Buch von Dalís zeitweiliger Lebensgefährtin Amanda Lear «Mein Leben mit Salvador Dalí». Das war interessant, weil es zeigt, wie ihn jemand, der ihm nahe stand, ihn sogar geliebt hat, gesehen hat. Zudem waren seine Interviews, seine Schriften und natürlich seine unglaublichen Werke eine grosse Hilfe. Mein Ziel war es, ein Porträt eines Porträt-Künstlers zu schaffen. Von einem Genie, das mit der Realität der Vergänglichkeit kämpft und von dem ein Teil nie erwachsen wurde. Mir war klar, dass ich mich bei der Darstellung von Dalí nicht zurückhalten, sondern – genau wie er mit seinen Werken – Risiken eingehen musste. Ganz im Gegensatz zur Rolle als Itzhak Stern. Da musste ich sehr vorsichtig agieren beziehungsweise reagieren. Denn Stern musste sich immer überlegen, was er tat, was er sagte und wie er es sagte. Ein Fehler hätte seinen Tod bedeuten können.

Fühlten Sie sich durch Dalís kons­tante Furcht vor dem Tod manchmal an Ihre eigene Sterblichkeit erinnert?

Teilweise. Es gab da eine Szene, in der ich als Dalí im Spital im Rollstuhl sitze und mit dem Leben abschliesse. Und trotzdem fühlte ich mich am Ende des Tages gut. Weil mein wahres Ich aufstehen und nach Hause gehen konnte. 

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