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Interview

Alejandra Cardona spielt an den Karl-May-Freilichtspielen in Engelberg Nscho-tschi. Bild: Key

«Ich freue mich schon jetzt auf die Sterbeszene»

Von: Sacha Beuth

06. Juni 2017

In Engelberg finden vom 15. Juli bis zum 13. August erstmals Karl-May-Freilichtspiele statt. Eine tragende Rolle hat dabei auch eine Zürcherin. Die im Niederdorf wohnhafte Alejandra Cardona spielt in «Winnetou 1» Nscho-tschi, die Schwester des Apatschenhäuptlings. Eine Idealbesetzung, fliesst doch auch durch Cardonas Adern indianisches Blut.

Alejandra Cardona, wann kamen Sie das erste Mal mit den Geschichten von Karl May in Kontakt?

Alejandra Cardona: Das war noch in meinem Geburtsland Kolumbien. Ich war im Primarschulalter, als ich zu Hause in unserer Bibliothek stöberte und mir dabei ein Bilderbuch mit den Winnetou-Geschichten in die Hände fiel. Später, als ich der Liebe wegen in die Schweiz zog, habe ich dann auch im Fernsehen die Filme aus den 60er-Jahren gesehen und kürzlich auch die Romanvorlage gelesen.

Da erlauben wir uns doch gleich, Ihre Karl-May-Kenntnisse zu prüfen. Was bedeutet «Nscho-tschi»?

Schöner Tag.

Richtig. Dies ist auch die Figur, in die Sie in Engelberg schlüpfen werden. Wie kam es dazu, dass Sie eine tragende Rolle übernehmen durften?

Ich hatte zuvor schon mit David Zurbuchen zusammengearbeitet, der in unserem Stück Dick Stone spielt. Er meinte, da gäbe es eine neue Produktion, für die noch Darsteller gesucht würden, und empfahl mich bei den Verantwortlichen. Ich wurde dann zum Casting geladen und erfuhr erst dort, worum es ging. Merkwürdigerweise brauchte ich dann weniger meine schauspielerischen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, sondern wurde mehr über mein Leben befragt. Am Schluss hiess es, sie würden sich melden, was sie dann drei Wochen später auch taten und mir die Rolle der Nscho-tschi anboten.

War es klug zuzusagen? Schliesslich wird Nscho-tschi von Bösewicht Santer erschossen?

Auf jeden Fall. Ich freue mich schon jetzt auf die Sterbeszene. Es gibt doch im Theater nichts Romantischeres, als auf der Bühne zu sterben.

Mussten Sie sich für die Rolle speziell vorbereiten?

Man muss unter anderem reiten können. Das habe ich zwar schon gelernt, muss es jetzt aber wieder auffrischen. Und weil ich zwei Monate krank war und in dieser Zeit keinen Sport machen konnte, heisst es zudem «Ab ins Fitnessstudio!», damit ich die körperlichen Anforderungen für das Stück meistern kann.

Hinzu kommt, dass es Ihr erster Auftritt auf einer Freilichtbühne ist.

Stimmt. Das erfordert schon einige Umstellungen. Zum Beispiel ist die Distanz zum Publikum grösser als in einem Theatersaal. Die Mimik spielt somit kaum eine Rolle. Man muss dafür mehr mit dem Körper arbeiten. Und trotz Mikrofon auch lauter sprechen. Im Unterschied zum Theatersaal sind wir in Engelberg auch dem Wetter ausgesetzt. Wir spielen, egal ob man bei Sonne und 30 Grad in den dichten Kostümen wegschmilzt oder einem der Regen ins Gesicht klatscht.

Inwieweit musste man auch das Stück selbst an die äusseren Umstände anpassen?

Ich darf nicht zu viel verraten. Was ich sagen kann, ist, dass sich das Stück näher ans Original, also die Romanvorlage, hält als die bekannten 60er-Jahre-Filme von Horst Wendlandt. Das war auch eine Auflage, die uns der Karl-May-Verlag als Rechteinhaber machte. Trotzdem konnten wir nicht alles umsetzen. Büffeljagd und der Kampf mit einem Grizzlybären wurden aus nachvollziehbaren Gründen auch bei uns gestrichen. Dafür haben wir von den Filmen mit Genehmigung des Komponisten Martin Böttcher die bekannte Winnetou-Melodie übernehmen dürfen. Generell spielt alles auf engerem Raum als im Film. Und der Zuschauer darf mit mehreren Überraschungen rechnen.

Als Nscho-tschi treten Sie in die Fussstapfen der französischen Schauspielerin Marie Versini, die die Rolle in den Spielfilmen der 60er-Jahre innehatte. Haben Sie sich an ihr orientiert?

Nein. Obwohl ich sie in der Rolle sehr gut fand. Allerdings habe ich gehört, dass sie sich unser Stück anschauen kommt, und nun bin ich extrem nervös. Hoffentlich gefällt es ihr, wie ich die Figur auslege.

Sie haben als Jugendliche einst für zwei Jahre bei einem Indiovolk in Kolumbien gelebt. Wird dies die Auslegung Ihrer Rolle beeinflussen?

Ich denke schon. Die Angehörigen des Stammes, bei dem ich lebte, zeigten einerseits eine grosse Unbefangenheit gegenüber Neuem, andererseits viel Respekt und Verständnis gegenüber der Natur und den Mitmenschen. Sie gingen auch viel bewusster mit ihrem Körper um. Und sie hatten eine ganz andere Weltanschauung, die durch Geister bestimmt war. So musste man etwa den Flussgeist erst um Erlaubnis bitten, bevor man im Fluss ein Bad nahm. Ansonsten würde er einen bestrafen. Anfangs habe ich darüber gelächelt. Als ich dann einmal, ohne um Erlaubnis zu fragen, badete, wurde ich prompt krank . . .

Steckt auch in Ihnen Indianerblut?

Das ist wohl in fast jedem Kolumbianer vorhanden – obwohl man meist nicht gerne darüber spricht. Bei mir ist es auf jeden Fall vorhanden, und zwar über den Vater meiner Grossmutter väterlicherseits. Der war ein echter Indio.

Zurück zu Karl May. Inwieweit sind seine Geschichten – insbesondere für die Jugend – von Interesse und Bewandtnis?

Die Werte, die er vermitteln wollte, wie sich für eine gerechte Sache einzusetzen, den Schwachen zu helfen, gegen übermächtige Eroberer Widerstand zu leisten und trotzdem Blutvergiessen zu vermeiden, sowie die Freundschaft über die Grenzen von Nationalität und Rasse hinweg sind zeitlos und beschäftigen jede Generation. Insofern sind Karl May und sein Winnetou aktuell wie eh und je.

Karl-May-Freilichtspiele in Engelberg

In Deutschland sind Karl-May-Freilichtspiele wie in Bad Segeberg und Elspe schon seit Jahrzehnten ein riesiger Erfolg. Bei den Karl-May-Freilichtspielen in Engelberg kann man nun erstmals auch in der Schweiz die Abenteuer von Winnetou und Old Shatterhand live miterleben. Vom 15. Juli bis zum 13. August 2017 wird vor der Naturkulisse der Obwaldner Berglandschaft «Winnetou 1» aufgeführt. Als Darsteller fungieren unter anderem Christoph Kottenkamp (Old Shatterhand), Sven Furrer (Santer), Walter Küng (Intschu-tschuna), Alejandra Cardona (Nscho-tschi), Pit Anders (Sam Hawkens), Fred Lobin (Rattler), David M. Zurbuchen (Dick Stone) und Giso Weissbach (Klekih-petra), der zusätzlich Regie führt, sowie der in der Schweiz lebende Deutsche Tom Volkers als Winnetou. Volkers, der seine Rolle schon an vier Karl-May-Open-Airs in Deutschland ausübte, hatte 2007 auch die Idee für eine Aufführung in der Schweiz. Doch erst 2013 konkretisierte sich das Projekt, und Volkers machte sich zusammen mit seinem Schweizer Kompagnon Florian Niffeler (Marketingleitung und Sponsoring) an die Umsetzung. Entstanden ist – bei einem Gesamtbudget von 1,3 Mio. Fr. – eine einzigartige Produktion von rund zweieinviertel Stunden Dauer mit zahlreichen Stunt-, Pyrotechnik- und Reitszenen. Die Anreise zu den Freilichtspielen kann sowohl über die ÖV wie im PW erfolgen. Die Besucher werden dann mit Shuttlebussen von den öffentlichen Grossparkplätzen oder dem Bahnhof in wenigen Minuten zur Festspielstätte gebracht. Dort stehen ihnen zahlreiche Food- und Souvenirstände sowie zwei überdachte Tribünen mit insgesamt 2000 Plätzen zur Verfügung.

Tickets und weitere Infos: www.winnetou.ch

Tickets zu gewinnen!

Das «Tagblatt der Stadt Zürich» verlost 3 x 2 Tickets zur Premiere von «Winnetou 1» am 15. Juli 2017 in Engelberg. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefon, E-Mail-Adresse und Betreff Winnetou an: gewinn@tagblattzuerich.ch

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Leserkommentare

Peter Ringler - Nebenbei, als Nscho-Tschi starb, war Winnetou etwa zwanzig. Tom Volkers sieht nicht gerade danach aus, dass er dieses Alter vorgaukeln könnte.

Vor 6 Jahren 9 Monaten  · 
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