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Interview

Seit 40 Jahren beim Schweizer Radio und Fernsehen: Beni Thurnheer. Bild: SRF/Oscar Alessio

«Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht»

Von: Sacha Beuth

10. September 2013

1973 durfte er für das Schweizer Fernsehen zum ersten Mal als Sportreporter ans Mikrofon. Heute ist Bernard «Beni» Thurnheer (64) eine lebende Moderationslegende und feiert gerade sein 40-Jahr-Jubiläum bei SRF. Das «Tagblatt» besuchte den Seuzacher an seinem Arbeitsplatz im Leutschenbach und blickte mit ihm auf seine Hochs und Tiefs bei Radio und TV zurück.

Tagblatt der Stadt Zürich: Beni Thurnheer, Gratulation zu Ihrem Dienstjubiläum. Was ist das für ein Gefühl, quasi zum Inventar von SRF zu gehören?

Beni Thurnheer: Nun, man gewöhnt sich so langsam daran. (lacht) Im Ernst: Irgendwie ist es schon speziell. Das SRF-Gebäude am Leutschenbach wurde ja 1973 eröffnet, also im gleichen Jahr, in dem ich dort zu arbeiten anfing. Wir haben beide so einiges mitgemacht, und ich kenne es besser als mein eigenes Haus.

Wie kam es zu Ihrem Engagement beim Schweizer Fernsehen?

Thurnheer: Schon als Jugendlicher wollte ich eines Tages Fussballreporter werden und habe damals für mich Spiele kommentiert und auf Tonband aufgenommen. Als dann 1973 DRS bzw. heute SRF Sportreporter suchte, habe ich mich mit 1600 anderen ­beworben und schliesslich über ein Casting mit 29 weiteren Bewerbern durchgesetzt. Als Einziger habe ich dann eine Teilzeitstelle beim Schweizer Radio erhalten.

Nun hätten Sie damals auch eine Juristenkarriere anstreben können. Was gab den Ausschlag für Radio und TV?

Thurnheer: Ursprünglich wollte ich beides machen. Weil ich aber die letzten eineinhalb Jahre meines Studiums nur mit Prüfungen und Büffeln verbrachte, hatte ich nach dem Abschluss erst mal die Nase voll und brauchte eine Pause von der Materie. Da kam die praktische Erfahrung mit dem ­Radio gerade recht. Und je länger ich beim Radio und später dann auch beim Fernsehen arbeitete, desto mehr rückte das Thema Anwaltskarriere in den Hintergrund, bis es schliesslich gar keines mehr war. Heute kann ich sagen: Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.

Wie erlebten Sie Ihre Anfangsjahre als Sportreporter?

Thurnheer: Es war vor allem Büroarbeit. Das Archiv nachführen, Standleitungen bestellen, dafür sorgen, dass die Techniker zu ihrem Honorar kommen und solche Dinge.

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Beiträge?

Thurnheer: Oh ja. Der erste fürs Fernsehen war ein Bericht von der Schweizer Meisterschaft im Gehen im Tessin. 3 volle Minuten haben wir einen Mann bei dieser Disziplin begleitet – heute undenkbar. Der erste Beitrag fürs Radio war ein Interview mit dem scheidenden und dem neuen Präsidenten der Schweizer Sporthilfe. 2-mal 6 Minuten wurden schliesslich auf 1 Minute und 40 Sekunden gekürzt. Der Rest der Bänder landete zu meinem Leidwesen im Abfall.

Was hat Sie seinerzeit dazu bewogen, auch in die TV-Unterhaltung einzusteigen?

Thurnheer: Das hat ebenfalls mit meiner Kindheit zu tun. Wir hatten zu Hause lange keinen Fernseher. Mein Vater sagte: «Den gibt es erst, wenn du deine Matura hast, sonst lenkt der dich zu sehr ab.» Dementsprechend war es jedes Mal ein Highlight, wenn wir drei- bis viermal im Jahr bei Nachbarn eingeladen waren und «Einer wird gewinnen», den Eurovision Song Contest oder eine Silvestersendung schauen durften. Ich träumte davon, auch mal eine Unterhaltungsshow zu moderieren. Später beim Radio durfte ich dann mit «Autoradio Schweiz» erstmals in diesen Bereich reinschnuppern. Das hat den Verantwortlichen bei SRF offenbar so gut gefallen, dass ich mich mit «Glückskugel» auch im TV beweisen durfte. Und dann ging es immer weiter bis hin zu «Benissimo».

Welches war der schönste Moment, den Sie in Ihrem Beruf erleben durften?

Thurnheer: Die Winterspiele 1994 in Lillehammer wegen der einmaligen Stimmung und weil ich als Moderator zum ersten Mal vor Ort war. Und dann im gleichen Jahr die Fussball-WM in den USA, weil die Schweiz erstmals seit 28 Jahren wieder dabei war.

Und welches war der schlimmste Moment und der grösste Patzer, den Sie sich geleistet haben?

Thurnheer: Der schlimmste Moment war der Meistercup-Final 1984 zwischen Liverpool und Juventus, wo durch Ausschreitungen und Gedränge 28 Personen umkamen und ich nach dem Spiel an der Sporthalle vorbeilaufen musste, wo sie die Toten aufgebahrt hatten. Der grösste Patzer unterlief mir bei einem Skirennen Anfang der 80er- Jahre. Marie-Therese Nadig startete als Erste zur Abfahrt, weil ich jedoch kurz wegschaute, um etwas zu notieren, sah ich nicht, dass sie kurz vor dem Ziel ein Tor verfehlte und somit disqualifiziert war. Ich aber hatte mir ihre Zeit notiert und nannte sie in der Folge ständig als Führende des Rennens. Nichts und niemand konnte mich informieren, denn wir hatten damals keine Computer, und am Vortag war zudem noch die Telefonverbindung ins Studio nach ­Zürich ausgefallen.

Sie gelten in Ihrem Metier als einer, der sich akribisch vorbereitet und etwa von allen Fussballnationalspielern der Welt eine Kartei führt, in der nicht nur deren Schuhgrösse, sondern auch deren Lieblingsspeise verzeichnet ist. Stimmt das?

Thurnheer: Das ist etwas übertrieben. Richtig ist, dass ich Infokarten von etwa 500 Spielern angelegt habe, die entweder bei einem der 20 europäischen Topklubs und/oder in einer Nationalmannschaft spielen. Die Infos beinhalten allerdings nur in Ausnahmefällen Skurriles, sondern eher harte Fakten wie die Anzahl Clubs, Länderspiele und Meisterschafts- oder Pokalgewinne eines Spielers.

Fällt Ihr Name, denken die einen an «Beni national», die andern an «Schnurri der Nation». Wie gehen Sie mit diesen Bezeichnungen um?

Thurnheer: Also «Beni national» ist ja schon fast so was wie ein Orden. Und «Schnurri der Nation» finde ich auch nicht so schlimm, vor allem wenn man weiss, wie er entstanden ist. Der stammt nämlich aus einem Interview für eine Illustrierte. Ich sagte damals, «weil ich vom Radio komme, rede ich vielleicht etwas mehr als andere Reporter». Der Journalist machte im Text daraus «Ich bin wahrscheinlich etwas ein Schnurri», woraus der Titel «Ich bin ein Schnurri» und dann auf der Frontseite «Der Schnurri der Nation» entstand.

Nächstes Jahr erreichen Sie das Pen­sionsalter. Welche Ziele haben Sie sich noch gesteckt, bevor Sie in Rente ­gehen?

Thurnheer: Ich werde nicht von einem Tag auf den andern, sondern schrittweise in Rente gehen. Ich habe eigentlich schon seit meinem 60. Geburtstag ein reduziertes Pensum, nur hat das anscheinend noch niemand gemerkt. 2014 möchte ich gerne in Sotschi das olympische Curlingturnier kommentieren. Hinsichtlich der Fussball-WM in Brasilien ist noch alles offen. Ich habe zwar schon von vielen Weltmeisterschaften berichtet, aber aus dem Fussballland Nummer eins, das wäre schon was Besonderes.

Zur Person

Beni Thurnheer kommt am 11. 7. 1949 in Winterthur zur Welt. Nach der Matur studiert er Rechtswissenschaften an der Uni Zürich und schliesst 1973 mit dem Lizenziat (und der Bewertung magna cum laude = sehr gut) ab. Im gleichen Jahr beginnt er beim Schweizer Radio und Fernsehen als Sportreporter und später auch als Moderator von Sportmagazinen. Von 1980 bis 1991 moderiert er die Quizsendung «Tell-Star» und von 1992 bis 2012 «Benissimo». 2002 erscheint sein Buch «Reden ist immerhin Silber». Bislang wurde der Vater von zwei Söhnen viermal mit dem Prix Walo ausgezeichnet.

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