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Interview

Von der Comedienne zur Selbsthilfe-Beraterin: Stéphanie Berger. Bild: PD/Amanda Nikolic

«Ich zeige auf, wie man aus der Komfortzone kommt»

Von: Sacha Beuth

14. Februar 2023

Die ehemalige Zürcher Miss Schweiz, Sängerin und Comedienne Stéphanie Berger geht neue Wege. Statt auf der Bühne die Leute zum Lachen zu bringen, bietet ihnen die 45-Jährige in Workshops und einem Onlinekurs Hilfe an, um Selbstvertrauen zu gewinnen und Selbstliebe zu erfahren.

Vor rund zwei Jahren traten Sie noch mit einem eigenen Comedy-Programm auf. Nun bieten Sie Lebenshilfe in verschiedenen Bereichen wie «Sicheres Auftreten» oder «Selbstliebe» an. Wie kam es zu diesem Wandel?

Stéphanie Berger: Einerseits wegen der Coronakrise. Die erwischte mich zum ungünstigsten Zeitpunkt. Ich hatte 40 000 Franken und unzählige Stunden in ein neues Programm investiert. Und wenige Tage nach meiner Premiere kam der Lockdown und der Vorhang fiel nicht nur für diese eine Show. Und nach Corona wieder alles auf die Beine zu stellen, dazu hatte ich alleine nicht die Kraft – zumal dann auch eine komplette Marktübersättigung herrschte. Andererseits war mir damals schon klar, dass ich mich weiterentwickeln und neu ausrichten möchte. Bereits während meiner Zeit auf der Bühne hatte ich Seminare besucht, die sich mit Keynotes, also Schlüsselerkenntnissen beziehungsweise -erlebnissen, befassten. Das hat mich fasziniert und begeistert.

Was bieten Sie konkret an? Und wer soll damit angesprochen werden?

Das Angebot besteht aus drei Geschäftsmodellen, nämlich Keynotes, Workshops und einem Onlinekurs. Erstere sind vorab auf Firmenevents ausgerichtet und dienen der Unterhaltung. Ich erzähle aus meinem Leben und wie mich Entschlossenheit, Selbstliebe oder ein starkes Auftreten erfolgreich gemacht haben. Aber auch, wie ich immer wieder gestrauchelt bin. Wie ich mit Rückschlägen umgehe und immer wieder die Kraft finde, aufzustehen und weiterzumachen. Die Keynotes sollen motivieren und inspirieren, aber auch berühren. In den Workshops ist es das Ziel, die individuellen Sprecher-Qualitäten der Teilnehmer – etwa für einen Vortrag in der Firma – auf das bestmögliche Level zu heben. Und beim Onlinekurs geht es um Selbstliebe. Er ist für jedermann. Ich will darin aufzeigen, wie man ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Und wie und was man tun kann, um Veränderungen umzusetzen.

Weshalb sollen die Leute zu Ihnen und nicht zu einem ausgebildeten Psychologen gehen, wenn sie Defizite in diesen Bereichen haben?

Um gleich mit falschen Vorstellungen aufzuräumen: Ich habe keine Zertifikate oder Ausbildungen, ich bin keine Psychologin, nicht mal ein Coach – das will ich auch nicht sein. Ich vermittle mein Wissen und Erfahrungen und biete lediglich Hilfe zur Selbsthilfe. Ich zeige auf, wie man aus der Komfortzone kommt, den Mut zur Veränderung aufbringen und Lebensziele verwirklichen kann. Was für Möglichkeiten es gibt, sich selbst mehr zu lieben und nach den eigenen Bedürfnissen zu leben. Es ist immer noch weit verbreitet, als Egoist zu gelten, wenn man sein Wohlbefinden an erster Stelle setzt. In meinem Kurs geht es um Achtsamkeit und die Fürsorge für Körper, Herz und die Pflege unseres Geistes.

Kann man denn aus einer scheuen, zurückhaltenden Person eine Rampensau machen?

Nein. Es ist aber möglich, bei jedem das Mass an Selbstvertrauen und Selbstsicherheit zu erhöhen. Weiterentwicklung ist ein lebendiger Prozess und braucht Zeit, Disziplin und Geduld. Ich finde es wichtig, dass man sehr wohl grosse Visionen hat, sich jedoch realistische Ziele für die unmittelbare Weiterentwicklung setzt. Ansonsten könnte es passieren, dass man wieder in den toxischen Leistungsdruck verfällt, sich gestresst fühlt und aufgibt. Auch wenn man den Wunsch hat, mehrere Bereiche im Leben zu verbessern, empfehle ich mit einem anzufangen und konsequent dabei zu bleiben. Das hat für mich sehr gut funktioniert und heute habe ich alles Wichtige umgesetzt.

Und wieso ist es so wichtig, sich selbst zu lieben? Reicht es nicht auch, sich so zu akzeptieren, wie man ist?

Ich behaupte, dass wenn man sich nur akzeptiert, man nicht das Beste für sich selber will. Akzeptieren heisst für mich ok sein. Wenn einem das reicht, gut. Ich für meinen Teil möchte das Beste von allem. Das bedeutet aber auch, dass ich bestmöglichst für mich sorge. Es heisst dann nicht nur, bekomme ich genug zu essen, sondern esse ich das, was für meinen Körper gesund ist. Ist mein Schlaf erholsam. Wie gehe ich mit meinen Emotionen um, den alltäglichen Herausforderungen? Selbstliebe bedeutet, für sich einzustehen, zu handeln, wenn man nicht mehr nach seinen Werten leben kann.

Gab es Phasen in Ihrem Leben, in denen Sie sich auch Hilfe in Sachen Selbstliebe gewünscht hätten?

Diverse Coaches, Lehrer, Meister, die gab es damals schon und auch heute noch. Wann immer ich anstehe, egal in welchem Lebensbereich, sei es in der Erziehung, Beziehung oder der Persönlichkeitsentwicklung – ich hole mir immer Hilfe. Wir kommen oftmals nicht mehr alleine aus negativen Emotions- oder Gedankenspiralen raus. Es gibt so viele helfende Hände, sie jedoch zu ergreifen, müssen wir selber tun. Diesen ersten wichtigen Schritt macht niemand für uns.

Als Comedienne haben Sie sich einen hohen Bekanntheitsgrad geschaffen. Keine Sorge, dass dieser durch Ihre neue Tätigkeit verschwindet?

Ich muss nicht mehr in der Boulevardpresse stattfinden. Mein Bedürfnis ist es, mich selber sein zu dürfen, meine Geschichte, meine Erfahrungen und mein Wissen zu teilen und anderen zu helfen, damit sie ihr gesamtes Potenzial ausleben können.

Vermissen Sie auch nicht die Arbeit auf der Theaterbühne und die Lacher aus dem Publikum?

Das ist ja nach wie vor möglich. Es liegt an mir, wie ich meine Keynotes und Kurse gestalte und da gehört eine Portion Humor sicherlich dazu. Nur muss ich dabei nicht mehr den Clown spielen. Zudem ist es ja nicht ausgeschlossen, dass ich eines Tages wieder auf die Comedy-Bühne zurückkehre. Mal sehen, welche Geschichten mein Leben in der Zukunft noch schreiben wird.

Weitere Infos zu Stephanie Berger: www.stephanie-berger.ch

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