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Interview

Comic: Beni Merk

Lädeli-Sterben und Parkplatzproblem

29. Oktober 2019

Schlagabtausch: Eine gute Streitkultur und harte Debatten mit unterschiedlichen Standpunkten – davon lebt die Politik. Deshalb werfen sich im «Tagblatt» alle zwei Wochen zwei Stadtzürcher Parteipräsidentinnen oder Parteipräsidenten in einem Schlagabtausch den Ball zu. Heute fordert Felix Moser, Präsident Grüne Stadt Zürich und Gemeinderat, Mauro Tuena, Präsident SVP Stadt Zürich und Nationalrat, heraus.

Felix Moser (Bild oben)
Jahrgang: 1968
Partei: Grüne
Politische Mandate: Gemeinderat und Präsident Grüne Stadt Zürich
Beruf: Unternehmer
www.felixmoser.ch

Mauro Tuena (Bild unten)
Jahrgang: 1972
Partei: SVP
Politische Mandate: Nationalrat und Präsident SVP Stadt Zürich
Beruf: Computertechniker
www.mauro-tuena.ch

Felix Moser: In der Stadt Zürich arbeiten an vielen Orten ausländische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. In den Stadtspitälern, in den Alters- und Pflegezentren, in unseren tollen Restaurants, auf allen wichtigen Baustellen – aber auch in der Wirtschaft, bei Banken oder den IT-Konzernen sind viele Personen aus dem Ausland beschäftigt. Wer wird all diese wichtigen Aufgaben übernehmen, wenn die SVP die Zuwanderung verboten hat?

Mauro Tuena: Die Begrenzungsinitiative, welche im Mai zur Abstimmung kommt, will die Zuwanderung nicht verbieten. Sie will – analog Bundesverfassung Artikel 121a –, dass die Schweiz die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig steuert. Wie soll unser Sozialsystem die finanzielle Last der Zuwanderung tragen?

Felix Moser: Fachkräfte, die in Zürich arbeiten, tragen mit ihrem Verdienst zu einer gesunden Wirtschaft bei, sie zahlen Steuern und Sozialabgaben. Daher belasten sie das Sozialsystem nicht. Die Finanzierung der Sozialwerke wird immer schwieriger, weil die Bevölkerung immer älter wird – unabhängig von der Zuwanderung.

Mauro Tuena: Gegen Fachkräfte, welche wir wirklich brauchen, hat niemand etwas einzuwenden. Aber jene, welche hierherkommen und gleich unser Sozialsystem belasten, die sind das Problem. Zudem finden heute schon etwas ältere Menschen kaum mehr einen Job. Diesen Mitbürgern sollten wir helfen.

Felix Moser: Flexible Rentenmodelle wären eine Möglichkeit, um diesen Menschen zu helfen. Die immer mehr Rentnerinnen und Rentner brauchen anderes: Spitex, altersgerechte Wohnungen, lokale Einkaufsmöglichkeiten. Ich wünsche mir lebendige Quartiere für alle Generationen. Daran müssen wir in Zürich arbeiten!

Mauro Tuena: Leider haben wir in Zürich ein eigentliches Lädeli-Sterben. Zu viele Leute kaufen in grossen Zentren oder gar online ein. So überleben unsere Quartierläden nicht. Hier muss sich jeder selber an den Ohren nehmen. Das eigentliche Quartierleben mit den kleinen Geschäften und den sozialen Kontakten ist weg.

Felix Moser: Einverstanden: Das Lädeli-Sterben ist ein Problem. Hier muss die Stadt Unterstützung bieten: Stopp beim Abbau des Service public (keine weiteren Schliessungen von Kreisbüros), günstige Mieten fürs Gewerbe (zum Beispiel in städtischen Liegenschaften) und mehr fussgängerfreundliche (und damit autofreie) Zonen.

Mauro Tuena: Diese Argumente haben die Linken auch beim Münsterhof gebracht. Dieser ist heute autofrei und in eine Fussgängerzone umgewandelt. Doch jetzt geht das Lädeli-Sterben erst richtig los. Die velofahrenden Kunden bleiben aus. Laufkundschaft kommt kaum mehr. Die Umsätze in besagten Läden sind eingebrochen.

Felix Moser: Der Münsterhof ist leider ein grauer Platz. Das Sommerprojekt mit Wiese und Bäumen hat gezeigt, was möglich wäre – ich hoffe, das wird nun dauerhaft umgesetzt. Zudem sorgen Bäume und Wiese für ein kühleres Stadtklima. Mit solchen Massnahmen können auch andere Plätze in der Stadt attraktiver gestaltet werden.

Mauro Tuena: Leute sind schon auf dem Platz. Sie flanieren, das ist ja schön. Trotzdem: Den kleinen Läden fehlt die Kundschaft. Das ändert auch mit Bäumen nicht. Dafür braucht es Parkplätze. Das ist die Aussage der Ladenbetreiber unisono. Ein einziger Parkplatz am besagten Ort bringt 400 000 Franken Jahresumsatz.

Felix Moser: Der Detailhandel hat sich in den letzten Jahren massiv verändert mit Onlineshopping, Digitalisierung oder Einkaufstourismus. Die Bedeutung von Parkplätzen hat stark abgenommen. Erlebnisshopping oder Pop-up-Stores sind heute erfolgreiche Modelle. Ich glaube, bei der Parkplatz­frage finden wir uns nie.

Mauro Tuena: Die linke Mehrheit in Zürich hat das gesunde Nebeneinander aller Verkehrsteilnehmenden völlig aus den Augen verloren. Den Fokus ausschliesslich auf Velo zu legen, hat einschneidende Konsequenzen. Das zeigt sich bei den Läden in der Innenstadt exemplarisch. Velofahrende bringen den Läden halt kaum Umsätze.

Felix Moser: Die Zukunft wird beim Stadtverkehr noch einige Veränderungen bringen, da können wir beide noch daran arbeiten. Danke für das Gespräch!

In der Ausgabe vom 13.11.2019 gibt Mauro Tuena (SVP) den Steilpass weiter an Andreas Kirstein (AL).

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