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Interview

Auch wenn es an allen Ecken der Erde brennt, glaubt Comedian Michael Elsener, dass am Schluss alles gut wird. Bild: ZVG / Philippe Hubler

«Man kann nur etwas ändern, wenn man positiv denkt»

Von: Sacha Beuth

31. Januar 2023

Auf seiner «Alles wird gut»-Tour macht Michael Elsener (37) vom 1. bis 12. März im Theater am Hechtplatz Halt. Im «Tagblatt» spricht der Comedian und Ex-Politikwissenschaftsstudent über sein neues Programm und die Politik in der Schweiz – und zeigt dabei neben seiner satirischen und selbstironischen auch seine ernste Seite. 

In Ihrer neuen Show «Alles wird gut» nehmen Sie die Wahlmüdigkeit beziehungsweise Politverdrossenheit auf die Schippe, über die sich das Publikum amüsieren soll. Ist das nicht ein Drahtseilakt?

Michael Elsener: Jede meiner Comedy-Nummern ist ein Drahtseilakt. Es geht immer um gesellschaftlich relevante Themen. Aber das ist genau mein Antrieb: ernste Themen auf lockere Art rüberzubringen. Das mache ich ja auch mit meinen Abstimmungs-Videos (www.youtube.com/user/michaelelsener) im Netz. Auf der Bühne zeige ich, dass Politik sehr unterhaltsam ist. Wir diskutieren in der Politik ja darüber, wie wir morgen zusammenleben möchten. Das ist interessant und bietet gleichzeitig grosses Potential für Komik. Wer einmal in einer grösseren WG gelebt hat, weiss, wovon ich rede. Gewisse starten schon bei der Anschaffung neuer Tisch-Sets eine demokratische Grundsatz-Debatte, andere sind bereits überfordert, wenn sie einmal pro Woche den Grünkübel raustragen müssen.

Sie fordern, dass die Schweizerinnen und Schweizer (wieder) mehr wählen gehen. Warum?

Die Qualität einer Entscheidung wird immer besser, wenn möglichst alle am Entscheid mitgewirkt haben. Unsere Demokratie existiert zwar noch, wird aber nicht wirklich gelebt. Die Menschen, die aktuell wählen gehen, haben in der Regel eine höhere Bildung, ein höheres Einkommen und ein ... wie soll ich das sagen? ... höheres Alter. Die Politikerinnen und Politiker richten ihre Politik natürlich nach jenen aus, die sie wählen. Heisst in der Realität dann beispielsweise, dass in der Politik die Anliegen von jungen Menschen weniger Beachtung finden.

Würde sich an den Ergebnissen überhaupt etwas ändern, wenn die Wahlbeteiligungen höher wären?

Da gibt es in der Polit-Forschung unterschiedliche Interpretationen. Was man aber sagen kann, ist: Wenn mehr Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen mitbestimmen, führt dies zu einer besseren Repräsentation der Bevölkerung. Da würde mit der Zeit auch das Parlament anders aussehen. Schauen Sie sich unser aktuelles Parlament an: Da sitzen 100-mal mehr Anwälte, als sie in der Bevölkerung vorkommen. Man sagt, man solle im Leben nicht mit zu vielen Anwälten zu tun haben...

In der Show soll sich das Publikum selbst einen politischen Kurssetzer mitsamt einer neuen Partei kreieren. Da ist doch schon von vornherein klar, dass es bei 500 Zuschauern 500 verschiedene Vorschläge geben wird. Was bezwecken Sie damit?

Ich habe vor kurzem eine offene Probe mit meinem Programm gemacht. Und da wollten ein paar Personen die zentrale Dorfstrasse mit mehr Bäumen bestücken. Da kam sofort ernsthafte Opposition auf im Saal: Mit so vielen Bäumen werde die Dorfstrasse zu dunkel. Das war natürlich witzig und hat zu vielen Running Gags geführt. Gleichzeitig machen dabei alle selbst die Erfahrung, wie herausfordernd es ist, eine Vision, eine Lösung zu formulieren. So gewinnt man wieder mehr Achtung vor Politikerinnen und Politikern, die dies tagtäglich versuchen.

Zugleich bekommt man das Gefühl, dass in der Schweiz alles zerredet wird und es nicht vorwärtsgeht.

Ja, die Demokratie ist eine sehr komplexe Staatsform und es kann ermüdend sein, immer wieder ein Anliegen vorzutragen, bis es endlich eine Mehrheit findet. Aber was ist die Alternative? Ein Alleinherrscher, der alles nach seinem Gutdünken entscheidet? Also ich möchte nicht in so einem Land leben, selbst wenn ich dieser Alleinherrscher wäre.

Warum nicht?

Weil ich zwar der Meinung bin, dass ich ein guter Alleinherrscher wäre und zum Wohl des Volkes entscheiden würde. In der Realität würde dies aber heissen, dass meine Weltsicht über alle gilt. So werden die Rechte von anderen massiv eingeschränkt. Und Macht korrumpiert. Also wird es wohl noch ein Weilchen dauern, bis Teenager abstimmen dürfen. Und bis man den SBB-Mitarbeitenden endlich verbietet uns ständig zu fragen: «Von wo bis wo fahren Sie?» (lacht).

Auch das «Grösste Schweizer Problem» soll in der Show eruiert werden. Welches ist dies aus Ihrer Sicht?

Natürlich müsste man als Erstes sagen: das Klima. Doch wenn die Bevölkerung im politischen System nicht stimmig repräsentiert ist, kann man noch so lange versuchen, Lösungen für grosse Probleme zu finden. Es wird immer am Rückhalt fehlen, weil ein riesiger Bevölkerungsteil nicht vertreten ist. Darum ist für mich das grösste Problem, dass bei uns in der Regel weniger als die Hälfte wählen geht.

Und wo drückt Ihrer Meinung nach in Zürich am meisten der Schuh?

Es ist häufig wohl wirklich nur ein Schuh, der ein bisschen drückt. Ich habe eine längere Reise durch den Iran gemacht, rede mit lokalen Theaterschaffenden, wie sie versuchen, für mehr Freiheiten zu kämpfen. Zurück in Zürich zankt sich die lokale Bevölkerung wegen eines Hochhauses, also eigentlich bloss über dessen Schattenwurf.

Sie sind bekannt für Ihre Parodien. Kommen die Zuschauer auch in «Alles wird gut» in den Genuss?

Natürlich. Verschiedene Politpromis in schneller Abfolge zu parodieren, ist meine Lieblings-Spielform. Ich lasse sie Dinge sagen, die sie im realen Leben so nie sagen würden. Das hat etwas Entlarvendes und es macht mir Spass, so Geschichten zu erzählen: Alain Berset rechtfertigt sich, Guy Parmelin wacht endlich auf und zum ersten Mal wird man Viola Amherds Walliserdeutsch verstehen. Zudem nehme ich mich selbst zum Thema. Ich erzähle, wie ich immer wieder scheitere. Und mir vornehme, das nächste Mal zumindest besser zu scheitern.

Was macht Sie sicher, dass trotz der vielen kleinen und grossen Probleme alles gut wird?

Weil ich finde, dass man nur etwas ändern kann, wenn man positiv denkt. Die Hoffnung ist unser Grundantrieb. Es ist nicht unsere Schuld, dass die Welt so ist, wie sie ist. Es ist nur unsere Schuld, wenn sie so bleibt.

Tickets und weitere Infos: www.michaelelsener.ch

Tickets zu gewinnen

Das «Tagblatt» verlost 3 x 2 Tickets für «Alles wird gut» am 3.3., 19.30 Uhr, im Theater am Hechtplatz! Schreiben Sie uns eine E-Mail mit Namen, Adresse, Telefon und dem Betreff Elsener an: gewinn@tagblattzuerich.ch

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