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Interview

Im neuen Werbefilm von Zürich Tourismus zeigt ein Putzwagenfahrer seine Stadt. Bild: Zürich Tourismus

«Orte wie die Badi Enge machen Zürich einzigartig»

Von: Clarissa Rohrbach

07. Juli 2014

Mit einer neuen Kampagne will Zürich Tourismus Direktor Martin Sturzenegger den Reisenden ein hippes Zürich verkaufen. Im Interview erklärt er, wieso das klappen wird.

Tagblatt der Stadt Zürich: Herr Sturzenegger, Sie sind seit rund einem Jahr Tourismusdirektor und haben eine neue Marketingstrategie für die Stadt entwickelt. Wie sieht das Zürich aus, das Sie vermarkten?

Martin Sturzenegger: Ein natürliches, kulturelles und urbanes Zürich. Die Stadt ist sehr vielfältig, also konnten wir nicht nur auf ein einziges Element setzen. Orte wie die Badi Enge, wo Gäste baden, sich dann einen Apéro genehmigen und schliesslich ein Konzert direkt am See geniessen, machen Zürich einzigartig.

Das neue Magazin von Zürich Tourismus «The Visitor» zeigt eine hippe Stadt, um Geschäftsreisende als Feriengäste zurückzulocken. Kommen diese tatsächlich wegen Frau Gerolds Garten wieder nach Zürich?

Die Chancen stehen gut. Mehr als 50 Prozent unserer Reisenden sind Businessleute. Während ihres Geschäftsaufenthalts besuchen sie bereits einige Restaurants und Bars. Das Magazin zeigt ihnen, was Zürich sonst noch alles zu bieten hat. Deswegen ist «The Visitor» auch schön zum Anfassen. Es soll nach Hause mitgenommen werden und die ganze Familie zu einem Städtetrip inspirieren. 

Die Leute besuchen gerne Kopenhagen oder Amsterdam für ein Wochenende. Spielt Zürich auch in dieser Liga?

Ja, absolut. Zürich punktet als Boutique-Metropole. Es bietet alles, was eine Grossstadt ausmacht plus eine wunderschöne Szenerie. Der grösste Vorteil ist aber, dass hier die Dimensionen nicht so riesig sind. Bei den meisten Städtetrips kehren die Besucher nudelfertig ins Hotel zurück, weil sie die langen Wege so anstrengen. Hier hingegen können sie alles zu Fuss erkunden.

Der Tourismus in der Schweiz stagniert wegen des starken Frankens. Wie kommt es, dass die Zahl der Logiernächte in der Region Zürich um 2,8 Prozent zugenommen hat?

Wir konnten die Abnahme der Zahl der deutschen Gäste mit den Touristen aus den Golfstaaten, China, Indien, Russland und Südostasien kompensieren. Diese Märkte wachsen rasant.

Der viertgrösste ausländische Markt des Zürcher Tourismus ist China. Wäre es da nicht sinnvoller, auf traditionelle Sehenswürdigkeiten wie das Grossmünster zu setzen?

Die Kampagne berücksichtigt auch klassische Sightseeing-Themen - nur anders erzählt. Chinesen auf einer Europatour besichtigen wahrscheinlich die Bahnhofstras­se und kaufen Uhren. Aber diese Gruppen werden auch kleiner und individueller. Vor allem wer die Stadt bereits kennt, will mehr erleben. Aus­serdem schliessen sich traditionelle Sehenswürdigkeiten und coole Lokale nicht aus. Ein Besucher kann ins Theater im Schiffbau und danach im Escher-Wyss-Viertel Party machen.

Lonely Planet hat Zürich in der Rang­liste der Top-10-Städte dieses Jahres den fünften Platz gegeben. Seit wann sind wir so im Trend?

Der Prozess hat mit der Abschaffung des Wirtepatents in den 90er-Jahren begonnen. Seitdem kann jeder eine Bar eröffnen und den Gastrobetrieb auch mit einer Badi oder einem Kulturraum kombinieren. Das sorgt für originelle Konzepte. Ausserdem war Zürich zusammen mit Berlin immer schon ein Vorreiter der elektronischen Musik. Das Partyangebot ist hier überproportional.

Auch auf Tripadvisor ist Zürich unter den Top Ten, dabei beurteilen die Gäste den Service. Vor allem in den Szenelokalen kann dieser aber ziemlich unfreundlich sein.

Das finde ich nicht. Schweizer denken strukturiert und sind deswegen zwar nicht besonders flexibel, wenn der Gast einen Extrawunsch hat. Aber ich bin oft unterwegs: Andernorts ist der Service nicht so gut wie hier.

Zur neuen, 1,5 Millionen teuren Kampagne gehört auch ein Werbespot, in dem ein Putzwagenfahrer seine Liebe zur Stadt erklärt. Wieso sollte das Zürich der Zürcher die Touristen interessieren?

In einer Umfrage bei rund 12 000 Teilnehmern weltweit wurde die Freundlichkeit der lokalen Bevölkerung als wichtigstes Element für einen Wochenendtrip genannt und Zürcher als nette Leute eingestuft. Deswegen stellen in der neuen Kampagne normale Menschen ihr Zürich vor. Das gibt der Stadt ein Gesicht, mit dem sich die Besucher identifizieren können. Je nach dem, welchen Lifestyle ihnen gefällt, folgen sie den Ratschlägen der jungen Designerin, des Fischers oder des Rockers.

Der neue Kampagnenslogan «Visit Zürich. Discover Switzerland» soll die Stadt als Ausgangspunkt für Ausflüge in die ganze Schweiz bewerben. Schlafen Touristen, die auf den Titlis wollen, nicht eher in Luzern?

Schweizer denken sehr kleinräumig: der Rheinfall ist für uns nicht mehr Zürich, sondern bereits Schaffhausen. Für die Touristen hingegen ist es so nahe, dass sie es als Teil von Zürich wahrnehmen. Der Slogan soll aber auch ausdrücken, dass die Stadt alles beinhaltet, was die Schweiz ausmacht: Berge, Wasser und Grünflächen. Touristen sind Wandern nicht gewohnt: Da ist bereits ein Spaziergang auf den Uetliberg eine Alpenexkursion.

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