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Interview

Widmet sich neu der eidgenössischen Politik: Mauro Tuena (SVP) im Berner Nationalratssaal. Bild: Keystone

"Politik ist mein Leben, sie füllt mich ganz aus"

Von: Jan Strobel

01. Dezember 2015

Mauro Tuena: Der 43-jährige SVP-Politiker gehörte zu den umtriebigsten Charakterköpfen im Zürcher Gemeinderat. Ob Budgetdebatten, Parkplatzabbau oder Sozialmissbrauch, Tuena politisierte an vorderster Front. Seit Montag sitzt er nun im Nationalrat in Bern. Wir trafen ihn bei Sessionsbeginn zum Interview.

Mauro Tuena, schildern Sie uns kurz Ihre ersten Eindrücke vom Sessionsbeginn.

Natürlich ist alles neu in Bern. Ein neuer Ort, neue Gesichter. Ich ziehe mit grösstem Respekt vor meiner neuen Aufgabe ins Bundeshaus. Die Verantwortung ist riesig, der Erfolgsdruck gross. Die Vereidigung als Nationalrat war eindrücklich und imposant. Jetzt muss ich mich in verschiedene Dossiers einarbeiten.

Wenn Sie auf Ihre 18 Jahre im Gemeinderat zurückblicken: Was ist Ihr grösster Erfolg?

Einer der grossen Erfolge war sicherlich die Einführung von Sozialdetektiven gegen Sozialhilfemissbrauch, die  wir von der SVP auf den Weg gebracht hatten. Damals löste das in links-grünen Kreisen Empörung aus. Heute sind Sozialdetektive eine Selbstverständlichkeit. Ein weiterer Erfolg: Die Zurückweisung des Budgets 2011 mit dem Auftrag an den Stadtrat, das damalige Defizit von 220 Millionen Franken zu tilgen. Ich bin überzeugt, dass das unserer Stadt unter dem Strich genützt hat. Unvergessen bleibt mir die Erinnerung an die Stadträte, die an dieser denkwürdigen Gemeinderatssitzung im Dezember 2010 wie zu Salzsäulen erstarrt dasassen, mit ungläubigen Gesichtern.

Wo sind Sie gescheitert?

Beim schleichenden Parkplatzabbau und überhaupt bei der ideologisch verblendeten Verdrängung des motorisierten Individualverkehrs. Hier mussten wir Niederlagen einstecken. Diese Schlacht haben wir bis jetzt verloren. 

Mit Ihrem Wechsel nach Bern geht im Gemeinderat eine Ära zu Ende. Kaum einer Ihrer Ratskollegen erschien so umtriebig und polarisierend wie Sie. Was raten Sie insbesondere Ihren Parteikollegen, um diese Lücke zu füllen?

Jetzt ist Zeit, dass junge, frische Kräfte nachrücken, die einen unermüdlichen Elan bringen und weiterkämpfen. Und diese Köpfe brauchen keine Ratschläge von mir. Nur so viel: Es dauert etwa eine Legislatur, bis man wirklich im Gemeinderat angekommen ist, die Geschäfte und die Abläufe kennt und sich seine Position erarbeitet hat.  Das war auch bei mir so. Ich musste mir erst Respekt erarbeiten.

Gerade in Ihrer Anfangszeit im Gemeinderat Ende der 90er-Jahre gingen die Medien nicht gerade zimperlich mit Ihnen um. Sie galten als «Kehrichtbesen der SVP», der «alles tut, um die Leiter hinaufzusteigen». Andere umschrieben Sie als «umtriebigen, aber eher unbedeutenden SVP-Nachwuchs­politiker», der sich «Zucht und Ordnung statt Sturm und Drang» verschrieben habe. Wie gingen Sie mit diesen Salven um?


Es brauchte manchmal natürlich Kraft, um sie zu kontern. Ich habe trotzdem immer meinen Weg verfolgt, geradlinig. Wichtig sind schlussendlich die Wahlergebnisse und der Rückhalt. Ich liess mich nicht durch Selbstzweifel blockieren. Politik ist mein Leben. Sie füllt alles aus. Und ich bin, gerade auch für Journalisten, immer erreichbar gewesen. Auch morgens um vier. Bei alledem war es natürlich immer ein Vorteil, dass ich keine Familie habe. Und meine Lust am Debattieren beschränkt sich nicht auf den Ratssaal. Es kann mühsam werden, mit mir allein im Ausgang zu sein. Selbst an meiner geliebten Lollipop-Schlager-Party im Club X-tra lasse ich mich dauernd auf Debatten ein, weil mich die Menschen immer ansprechen. Das ist aber auch gut und richtig so.

Ziehen Sie immer noch gern mit den Linken Balthasar Glättli oder Min Li Marti um die Häuser?

Wir sind natürlich immer noch sehr gut befreundet, feiern auch unsere Geburtstage zusammen. Das ist ja das Schöne an der Lokalpolitik. Politisch kann man gegeneinander Schlachten austragen und danach freundschaftlich ein Bier zusammen trinken.

Wo möchten Sie sich jetzt im Nationalrat besonders engagieren?

Es ist noch nicht klar, in welche Kommission ich komme. Auf meinem Wunschzettel stehen die Sicherheits- und die Staatspolitische Kommission. Auch die Verkehrskommission würde mich ungemein reizen. Dass ich die letzten Jahre in Zürich als grösste Stadt und bedeutendster Wirtschaftsstandort politisiert habe, wird mir in Bern natürlich zugutekommen. Zürich ist in der eidgenössischen Politik ein Hauptfaktor. Die Europapolitik, Asyl- und Sicherheitsthemen betreffen besonders die Stadt Zürich ganz direkt.

Stimmt es, dass sie schon als Bub davon geträumt haben, einmal im Nationalrat zu sitzen?

Das ist Unsinn. Aber natürlich ist es der Traum vieler Lokalpolitiker, einmal im Nationalrat politisieren zu können. 

Haben Sie den Traum vom Stadtrat eigentlich definitiv begraben, oder liebäugeln Sie immer noch mit dem Posten?

Das habe nicht ich zu entscheiden, und es ist momentan auch überhaupt kein Thema  für mich. Ich konzentriere mich jetzt auf den Nationalrat. Alles andere wird sich zeigen.

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