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Interview

"Wem zugehört wird, der gehört dazu"

Von: Ginger Hebel

07. Juni 2016

Tel 143 der Dargebotenen Hand Zürich sucht Freiwillige für die Mitarbeit am Sorgentelefon. Tony Styger bildet als Stellenleiter mit seinem Team seit fünfzehn Jahren Mitarbeitende aus und hat ein offenes Ohr für die kleinen und grossen Probleme der Bürger.

Um die 100 Anrufe gehen pro Tag beim Sorgentelefon der Dargebotenen Hand ein. Was beschäftigt und belastet die Menschen am meisten?

Tony Styger: Psychische Leiden und Einsamkeit sind grosse Pro­bleme. Wir erhalten viele Anrufe von Menschen, die sich ausgegrenzt fühlen von der Gesellschaft; ältere, die zwar Pflege erhalten, aber niemanden zum Reden haben, aber auch junge Leute, die den Rank nicht mehr finden oder eine Krise zu bewältigen haben.

Sie arbeiten seit 15 Jahren für die Dargebotene Hand. Haben Sie immer einen Ratschlag parat?

Am besten man gibt keinen, denn Ratschläge sind immer Ausweichmöglichkeiten. Es ist wichtig, dass man den Menschen zuhört, Anteil nimmt und ihnen die Möglichkeit gibt, sich auszusprechen. Krankheit, Tod, Beziehungskrisen, Zukunftsängste – unsere Arbeit ist oft belastend. Was zählt, ist ein ­offenes Ohr. Denn wem zugehört wird, der gehört dazu.

Warum reden Menschen eher mit Fremden über ihre Probleme als mit der Familie oder Freunden?

Die Hemmschwelle ist niedriger. Über Themen wie Sexualität oder Gewalt wollen oder können viele mit nahestehenden Personen nicht sprechen, weil sie sich schämen. Oder die Geduld der Zuhörenden wird überstrapaziert, wenn immer wieder dieselben Probleme auf den Tisch kommen. Das ist menschlich! Zudem haben viele niemanden, den sie mitten in der Nacht anrufen können. Wir sind rund um die Uhr erreichbar, per Telefon, aber auch per Mail oder Chat.

Die Dargebotene Hand sucht Freiwillige für die Mitarbeit am Telefon. Wer eignet sich für diese Aufgabe?

Menschen mit reicher Lebenserfahrung, zwischen 30 und 65 Jahren, die belastbar und offen sind und andere Ansichten respektieren. Wir bilden unsere Mitarbeitenden in einem einjährigen Kurs aus, der nächste beginnt im Januar 2017. Sie lernen aktiv zuzuhören, eine Beziehung am Telefon herzustellen, eine möglichst wertfreie Haltung einzunehmen, ein Gespräch zu strukturieren und Ohnmacht auszuhalten, denn oft gibt es die schnelle Lösung nicht.

Interessierte melden sich unter www.zuerich.143.ch

zuerich@143.ch

oder Tel 043 244 80 80

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