mobile Navigation

Interview

Schläft schlecht, wenn er zu viele Wörter im Kopf hat: Kabarettist Ralf Schlatter. Bild: Christoph Hoigné

«Zürich ist zu reich»

Von: Isabella Seemann

17. Januar 2017

HAND AUFS HERZ mit Ralf Schlatter. Zwischen satirischem Jahresrückblick und baldiger Buchvernissage verrät der Kabarettist und Autor, wer ihm das Tortilla-Backen beibrachte, was ihn um den Schlaf bringt und wo er jetzt am liebsten wäre.

Zürich ist zu reich.

Ich hasse, wenn gehasst wird, denn Hass erzeugt Hass.

Am besten erhole ich mich beim Gehen, Langlaufen, Singen und beim Streicheln unserer Katze.

Ich schlafe schlecht, wenn ich zu viele Wörter im Kopf habe.

Meine Lieblingsferiendestination ist ein schmaler, kaum begangener, verwunschener Wanderweg.

Am liebsten koche ich Tortilla española de patatas, gelernt von Jesús, meinem WG-Kollegen in meinem Studienjahr in Santander im Norden von Spanien.

Am meisten Geld spende ich für kleine Leute an kleinen Orten, die kleine Dinge tun und damit die Welt verändern.

Meine schlechteste Eigenschaft ist meine Angst vor Streit.

Meine beste Eigenschaft ist, dass ich langsam, aber sicher bereit bin, meine schlechteste Eigenschaft zu verändern.

Die Person, die ich am meisten bewundere, ist jemand, der sich gerade jetzt um jemanden kümmert, dem es weniger gut geht als ihm selbst.

Meine Eitelkeit zeigt sich beim Feilen an Sätzen, bis jedes einzelne Wort stimmt und am richtigen Ort ist.

Ein Wort, das mir gut gefällt, ist «Tagedieb».

Am meisten zu verdanken habe ich meiner Fantasie.

Am liebsten trage ich meine Liebste, auf Händen.

Wenn ich mich morgens im Spiegel betrachte, dann sehe ich jemanden, den ich ansatzweise kenne – vom Sehen.

Wenn man ein Buch von mir kritisiert, dann werde ich hellhörig. Und wenn ich die Kritik nachvollziehen kann, versuche ich, die Lehren daraus in mein nächstes Buch zu integrieren.

Ein Albtraum ist es für mich, wenn die Angstmacher umgehen. Aber ich weiss, dass es möglich ist, dass wir für sie zum Albtraum werden.

Wenn ich an die Schweiz denke, dann bin ich dankbar, hier geboren worden zu sein, und genau darum sage ich auf der Bühne, was mir an der Schweiz missfällt, denn aus dem Geschenk des Zufalls erwächst die Pflicht, dem Land den Spiegel vorzuhalten.

Von einem Freund erwarte ich, dass er nichts von mir erwartet und ich nichts von ihm.

Zur Person

Ralf Schlatter, 1971 in Schaffhausen geboren, lebt als Autor und Kaba- rettist in Zürich. Zu seinen Werken gehören die Romane «Federseel», «Maliaño», «Sagte Liesegang» und der Erzählband «Verzettelt». Im Frühling erscheint sein neuer Roman «Steingrubers Jahr». Für Radio SRF 1 schreibt er Hörspiele und Morgen­geschichten. Als Kabarettist spielt er im Duo schön&gut, Gewinner des Salzburger Stiers 2004 und des Schweizer Kabarettpreises Cornichon 2014. Zurzeit ist er auf der Bühne zu sehen im satirischen Jahresrückblick «Bundesordner 16» im Casinotheater Winterthur. Am 17. und 18. Februar gastieren schön&gut mit ihrem Stück «Mary» im Migros-Hochhaus am Limmatplatz.

www.ralfschlatter.ch
www.schoenundgut.ch

zurück zu Interview

Artikel bewerten

Gefällt mir 3 ·  
4.5 von 5

Leserkommentare

Keine Kommentare