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Den Anker lichten?
Von: Jan Strobel
Seit fast 50 Jahren liegt die MS Stäfa beim GZ Wollishofen fest vor Anker. Im Quartier wird von einer Wiederinbetriebnahme geträumt.
Für Liebhaber und Nostalgiker der Zürichsee-Schifffahrt ist die MS Stäfa ein kleines Bijou. Das Motorschiff, Baujahr 1936, liegt bereits seit Ende 1976, als es ausser Dienst gestellt wurde, beim Gemeinschaftszentrum Wollishofen ständig vor Anker – und wurde mit den Jahrzehnten zu einem charmanten Markenzeichen und Fixpunkt im kleinen GZ-Hafen und im Quartier. Mit den Jahren allerdings bot die MS Stäfa einen immer traurigeren, verwitterten Anblick, bis das Schiff schliesslich 2021 als nautischer Zeitzeuge aufwendig restauriert wurde. Auch das Wappen der Heiligen Verena am Bug erstrahlt seitdem wieder in neuen Farben.
Doch die Restaurierung scheint manchem Wollishofer nicht zu genügen. «Die MS Stäfa steht wie bestellt und nicht abgeholt da, meistens ungenutzt», schreibt etwa ein User auf der Plattform X (ehemals Twitter). Und er bringt einen Vorschlag ins Spiel: «Man könnte sie liebevoll modernisieren, eine neue Maschine einbauen und sie im unteren Seebecken nutzen, um alle Stege anzufahren.» Tatsächlich verfügt die MS Stäfa seit ihrer Ausserdienststellung über keinen Motor mehr. Ersetzt wurde er damals durch einen Betonblock.
Verwaltet wird die MS Stäfa vom GZ Wollishofen. Hier kann das Schiff für Privatanlässe wie Geburtstage oder Hochzeiten für maximal 40 Personen gemietet werden. Daneben dient es dem GZ auch als Kurslokal, etwa für Fremdsprachenkurse. Die MS Stäfa hat sich als Freizeit- und Veranstaltungsort längst etabliert. Das zeigt auch ein Blick auf die aktuelle Verfügbarkeit. Praktisch an jedem Tag im August und September ist das Schiff für Veranstaltungen gebucht.
Die Idee, die MS Stäfa als Freizeit- oder Eventschiff wieder fahrtüchtig zu machen, erinnert an die einst ausrangierte MS Etzel, die vom Verein Pro MS Etzel 2001 umfassend saniert wurde und seither für Extrafahrten oder öffentliche Rundfahrten auf dem Zürichsee verkehrt («Tagblatt» vom 17.4.). Stefano Butti, Mitgründer des Vereins Pro MS Etzel, hält allerdings eine Wiederinbetriebnahme der MS Stäfa für unrealistisch: «Sie würde mit den heutigen regulatorischen Vorschriften sowie in Anbetracht, dass im jetzigen Zustand weder eine Maschine noch sonst eine Komponente der ehemaligen Antriebsanlage vorhanden ist, sicherlich mehrere Millionen Franken verschlingen», so Stefano Butti. Das sei nicht nur aus kaufmännischen Gründen eine grosse Investition. «Und angesichts der Schiffsgrösse sowie der Tatsache, dass dieses Grössensegment bereits durch andere Anbieter mehrfach abgedeckt ist, wäre eine Wiederinbetriebnahme sicherlich auch aus wettbewerbstechnischer Sicht eine sinnlose Investition.»
Die MS Stäfa bediente vor ihrer Ausmusterung die Querverbindung zwischen Wädenswil, Männedorf, Stäfa und Richterswil und gehörte der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG). Schliesslich wurden sämtliche Maschinenbauteile ausgebaut und teilweise in der MS Ufenau weiterverwendet. «So auch der Verstellpropeller, der übrigens der Erste und Einzige seiner Art der Firma Sulzer ist. Freuen wir uns doch lieber am Schiff, so wie es jetzt für jedermann zugänglich im Hafen liegt, und an dessen Existenz für Feste und Familienfeiern», unterstreicht Stefano Butti.
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