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Schriftsteller für Toleranz: Stefan Györke. Bild: JS

Ein "Jihad für Toleranz"

Von: Jan Strobel

03. November 2015

Literatur: Mit seinem Erstlingsroman «Allah in Zürich» legt Autor Stefan Györke (35) eine Liebesgeschichte in einem utopischen Zürich vor.

Stefan Györke, auf dem Cover Ihres Romans «Allah in Zürich» sehen wir das Grossmünster. Einer der beiden Türme allerdings erscheint als mächtiges Minarett. Was sagt dieses Bild über Ihr Buch aus?

Man könnte es fast schon für das Sujet eines neuen SVP-Plakats halten. Die Unterwanderung Zürichs durch den Islam oder so ähnlich. Aber damit hat meine Geschichte wirklich nichts zu tun. Im Gegenteil: Ich erzähle eine Liebesgeschichte in einem utopischen Zürich der Toleranz, das allerdings etwas aus den Fugen geraten ist.

Wie sieht dieses utopische Zürich aus?

Die zwinglianische, akkurat getrimmte Traditionsstadt ist mit dem überbordenden Orient verschmolzen. Ich habe mich gefragt: Wie würden unsere Stadt und das Leben und Lieben in ihr aussehen, wenn es tatsächlich mir nichts, dir nichts zu einer völligen Verschmelzung der Kulturen kommen würde, die ja ein so grosses gemeinsames Erbe besitzen, und zwar zuerst einmal im positiven Sinn? Die voneinander getrennt existierenden Kapseln, in denen wir leben, sind aufgesprengt, und aus den Funken entstehen ganz neue Welten.

In Ihrem Buch heissen afghanische Einwanderer Zäsi oder Wily, sie treffen sich im Johanniter mit anderen jungen Muslimen und Schweizern zu Kirsch und Bier, klopfen einen Jass und diskutieren die Scharia. Draussen im Dörfli tobt die Fasnacht, und ein Clown ruft «Allahu akbar» durch die Strassen. Vor diesem Hintergrund entspinnt sich die Liebesgeschichte. Eine ziemlich eigenwillige Vorstellung von Integration.

Eine surreale, widersprüchliche natürlich. Ich spiele hier bewusst auch mit Begriffen, die uns auf den ersten Blick Angst machen und bei vielen einen Abwehrreflex entstehen lassen. Dabei geht es in erster Linie um gegenseitiges Interesse: Da gibt es etwas zwischen uns, das uns miteinander verbindet. Christentum, Islam, Judentum – sie gehören ja schliesslich zusammen, und sie lehren alle Barmherzigkeit. Aber Toleranz verlangt einem jeden ungeheure Kraft ab. Und meine Protagonisten versuchen, die Geschichte in diesem Irrgarten der Kulturen zu einem Happy End zu bringen. Sie führen gewissermassen einen «Jihad für Toleranz».

Stefan Györke: «Allah in Zürich». Offizin-Verlag, 2015. 320 S., 28 Fr. www.offizin.ch     
Wie sieht Ihr utopisches Zürich aus? Schreiben Sie es in die Kommentarspalte unten!

 

 

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