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"Hotel Suff": Jede Woche 21 "Gäste"

Von: Ginger Hebel

21. Oktober 2013

Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) Wer künftig zu tief ins Glas schaut, zahlt für einen Aufenthalt im «Hotel Suff» weniger. Ein Blick in den Zellentrakt.

Seit Anfang diesen Jahres ist die Zentrale Ausnüchterungsstelle (ZAS) nicht mehr nur am Wochenende geöffnet, sondern täglich. In diesem Jahr behandelte das «Hotel Suff» bereits 740 Personen, wöchentlich sind es im Schnitt 21, an Wochenenden 10. Darunter sind 18 Prozent Frauen. «Betrunkene Frauen können ebenso aggressiv sein wie Männer», stellt Daniel Todesco, Chef der ZAS, fest. Weil die Betrunkenen medizinisch betreut werden und unter permanenter ­sicherheitstechnischer Aufsicht stehen, sind die Gebühren entsprechend hoch. Bisher zahlten Eingelieferte für einen bis zu dreistündigen Aufenthalt 600 Franken, für längere Aufenthalte 950 Franken – zu viel, wie der Statthalter befand. Seit neuem gelten tiefere Gebühren für alle, die zu tief ins Glas schauen. Wer nicht länger als drei Stunden ausnüchtert, muss 450 Franken hinblättern, für längere Aufenthalte 520 oder 600 Franken. Verändern wird sich durch diese Gebührensenkung im Betrieb nichts, ist Todesco überzeugt. «Wir halten uns an klare Richtlinien und an die geltenden Rahmenbedingungen. In der ZAS werden nur Personen untergebracht, die berauscht sind und von denen eine Gefahr ausgeht.»

Betrunkene, die randalieren, gewalttätig sind oder halb ohnmächtig im Drogenrausch auf einer Parkbank liegen, werden in Gewahrsam genommen und mit einem Transportfahrzeug in die ZAS gebracht, wo sie ihren Rausch medizinisch überwacht in einer Zelle ausschlafen. «Betrunken sein ist aber noch lange kein Grund, dass wir jemanden in die Zelle stecken. Die Person muss sich oder andere ernsthaft und unmittelbar gefährden», erklärt Daniel Todesco. 

Der Zellentrakt befindet sich in der Regionalwache City und hat elf grüne und eine pinkfarbene Zelle. Fachleute vertreten die Meinung, dass die lieblichen Farben wesentlich zur Beruhigung beitragen. Die Hälfte der eingelieferten Personen ist zwischen 18 und 34 Jahre alt, 2 Prozent sind minderjährig. «Bei betrunkenen Jugendlichen orientieren wir die Eltern und führen ein klärendes Gespräch mit den Obhutsberechtigten. Auf diese Weise versuchen wir, auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen.» Seit März 2010 betreiben die Stadtpolizei und die Städtischen Gesundheitsdienste eine Zentrale Ausnüchterungsstelle. Das Pilotprojekt läuft bis März 2015. Von März 2010 bis Ende 2012 wurden 1400 Menschen ausgenüchtert. Am Vormittag unseres Besuches sind noch zwei der zwölf Zellen besetzt. Vor einer Zelle stehen die abgewetzten Turnschuhe und Wertsachen eines Mannes, nebenan die hohen Stiefel einer berauschten Frau. Viele sind derart betrunken, dass sie im Rollstuhl in die Zelle ­gefahren werden müssen, andere stehen unter Drogeneinfluss, haben Medikamente und Alkohol intus und sind hochgradig aggressiv. «Bei der ZAS geht es vor allem darum, die Sanität und die Notfallaufnahmen in den Spitälern zu entlasten», sagt Todesco. Leider kommt es vor, dass ZAS-Mitarbeiter bespuckt, tätlich angegangen oder sogar gebissen werden. Einige flippen im Zellentrakt komplett aus, reissen die WCs aus der Verankerung, verschmieren die Zelle mit Kot oder machen das Panzerglas kaputt. Ernsthaft verletzt wurde vom Sicherheitspersonal bisher jedoch niemand. Sechs Stunden bleiben die Betrunkenen im Schnitt in der Zelle. «Wir entlassen sie, wenn sie so weit ausgenüchtert sind, dass sie sich oder andere nicht mehr gefährden.» 

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