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Wohl frühester «Stadtplan» von Zürich. Der Holzdruck von Jos Murer stammt von 1576 und gibt eine detaillierte Ansicht der frühneuzeitlichen Stadt Zürich wieder. Der eingefärbte Ausschnitt zeigt das Kratzquartier, das zwischen Fraumünsterkirche und See liegt. (Repro Baugeschichtliches Archiv Zürich)

Im Fraumünsterquartier wird Geschichte ausgegraben

25. Juli 2013

Im Fraumünsterquartier begleitet die Stadtarchäologie Zürich Werkleitungssanierungen. Dabei stösst sie auf Funde, die Geschichte haben und Geschichte schreiben. Die Bauarbeiten und die archäologischen Untersuchungen werden intensiv voran getrieben. Die Grabungen dauern voraussichtlich bis Ende November. Die Ausgräberinnen und Ausgräber stossen immer wieder auf Mauern, Feuerstellen, Gräben und Funde des mittelalterlichen Kratzquartiers.

Seit Januar legen Mitarbeitende der Stadtarchäologie im Rahmen von Werkleitungssanierungen des Tiefbauamts im ganzen Fraumünsterquartier Hinterlassenschaften der Geschichte Zürichs frei. Bereits kamen zahlreiche interessante Funde und Befunde zum Vorschein. Die untersuchte Zeitspanne reicht von der Frühgeschichte bis in die unmittelbare Geschichte des 19. Jahrhunderts, als der mittelalterliche Baubestand vollständig abgebrochen wurde, um dem modernen Fraumünsterquartier Platz zu machen.

Das heutige Fraumünsterquartier liegt auf einem nacheiszeitlichen Sihldelta und war bis ins Frühmittelalter (ca. 500–1000 n. Chr.) vom See geprägt. Die erste Nutzung des Gebiets – um ca. 600–700 n. Chr. – fiel noch etwas zögerlich aus und wurde von erneuten Wasserhochständen unterbrochen. Die überraschend grosse Anzahl von Schlacke aus frühen Schichten weist auf ein nahegelegenes, intensiv betriebenes Schmiedehandwerk hin. Diese frühmittelalterliche Nutzung ist auch deshalb von besonderem Interesse, weil sie im Bereich der späteren Fraumünsterabtei liegt. Das Frauenkloster ist spätestens ab Mitte des 9. Jahrhunderts eine direkt dem König unterstellte Abtei und spielte eine zentrale Rolle in Zürichs früher Stadtgeschichte.

Bereits im Hochmittelalter (ca. 1000–1250 n. Chr.) entsteht weiter südlich Richtung See ein neuer Siedlungskern, der sogenannte Kratz. In den vergangenen Wochen legte die Stadtarchäologie verschiedentlich Mauern von mittelalterlichen Gebäuden frei. Die aufwändige Bauweise der repräsentativen Bauten lässt auf eine durchaus wohlhabende Bewohnerschaft schliessen. Dennoch ist das Handwerk allgegenwärtig. Durch seine spezifischen Hinterlassenschaften lassen sich beispielsweise Werkstätten von Rosenkranzherstellern, welche aus Knochen Perlen für Gebetsschnüre herstellten, nachweisen.

An der Börsen- und Fraumünsterstrasse wurden die Überreste der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert freigelegt. Der Murerplan von 1576 zeigt die Stadtmauer zinnenbekrönt und aus massiven Bossenquadern gefügt. In den 1540er-Jahren erweiterte die Stadt Zürich das Kratzquartier seewärts. Die Bevölkerung wurde im Zuge dieser Arbeiten aufgefordert ihren Abfall vor der alten Stadtmauer zu entsorgen, um die nötigen Aufschüttungsarbeiten zu unterstützen. Der neu entstandene Platz wurde als Steinwerkplatz genutzt. Das am Platz gelegene Werkmeisterhaus erhielt 1803 die neu geschaffene Stadtgemeinde Zürich als Stadthaus zugesprochen. Davon ist heute nichts mehr zu sehen. Gebäude wie die Nationalbank oder das Metropol stehen an ihrer Stelle und widerspiegeln den Wandel des Quartiers.

Die Grabungen im Fraumünsterquartier dauern noch bis Ende November. Die Stadtarchäologie begleitet die Werkleitungssanierungen weiterhin intensiv. Ein Kurzfilm über das Quartier und die Ausgrabungen ist im archäologischen Fenster des Parkhaus' Opéra zu sehen.(PD)

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