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Seit einem Jahr ist FDP-Stadtrat Filippo Leutenegger Vorsteher des Schul- und Sportdepartements. (Bild: PD)

Vertrauen in die Volksschule

Von: Isabella Seemann

13. August 2019

Am nächsten Montag beginnt für rund 33 000 Stadtzürcher Kinder und Jugendliche das neue Schuljahr. Der Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, FDP-Stadtrat Filippo Leutenegger, wird dann die neu eröffnete Tagesschule Pfingstweid in Zürich-West besuchen.

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Welche Erinnerung haben Sie an Ihren Schulanfang?

Filippo Leutenegger: Ich bin als Auslandschweizerkind mit meiner Familie in Rom aufgewachsen und besuchte dort mit meinen Schwestern die Schweizer Schule. An den ersten Schultag kann ich mich nicht erinnern, aber geblieben ist mir der weite Weg, den wir mit dem Schulbus durch die grosse Stadt zurücklegen mussten. Geblieben ist mir auch die Mittagsverpflegung. Unser Koch Aldo kochte für alle Schüler einen einfachen Teller Pasta oder Risotto. Die anderen Zutaten, wie Znüni und Früchte, brachten wir mit unserem persönlichen Körbchen, dem «cestino», selber mit. Ich habe also in Rom eine Tagesschule besucht, die ich jetzt nach so vielen Jahren in Zürich einführen darf.

Hand aufs Herz, sind Sie insgesamt gerne zur Schule gegangen?
Da ich als problemloser Schüler galt, stand das Schulische nicht im Vordergrund, sondern das Spielen auf dem Pausenplatz. Ich war ein geselliger, temperamentvoller Junge und war auch immer für ein Abenteuer zu haben. So knackte ich mit zwei Mitschülern das Schloss zu den weitläufigen unterirdischen Gängen unter der Schule. Vermutlich waren es Teile von Katakomben ausserhalb der historischen Stadt. Die Standpauke des Direktors war dann weniger lustig.

Was haben Sie im ersten Jahr als Vorsteher des Schul- und Sportdepartements gelernt?

Die Volksschule geniesst das Vertrauen der Bevölkerung, und deren Qualität ist trotz einer äusserst komplexen Organisation und einzelner Mängel sehr gut. Die allermeisten Lehr- und Betreuungspersonen sind motiviert und engagiert und machen einen hervorragenden Job. Als verantwortlicher Stadtrat habe ich vor allem gelernt, zuzuhören und die Anliegen der verschiedenen Beteiligten ernst zu nehmen, auch wenn mir manchmal die Hände gebunden sind. Allerdings müssen wir vermehrt Anstrengungen unternehmen, um das international hohe Niveau in der Sekundarstufe und in der Berufsbildung halten zu können.

Wer fordert Sie als Schulvorsteher am meisten heraus? Schüler, Lehrer oder Eltern?

Ich empfinde das Zusammenwirken der Bedürfnisse von Schülern, Lehrpersonen und Eltern als herausfordernd, aber auch als bereichernd. Denn es geht um den besten Weg für unsere Kinder, die Zukunft unserer Gesellschaft. Als bereichernd empfinde ich auch den Umgang mit Konflikten, wenn ich im persönlichen Gespräch Verletzungen oder Vorurteile auffangen oder sogar Lösungsansätze anbieten kann. Unsere Volksschule muss dafür sorgen, dass sich unsere Kinder ihren Fähigkeiten entsprechend entwickeln können und am Ende der obligatorischen Schulzeit das passende Rüstzeug für ihre Zukunft mitnehmen. Selbstverständlich gehört dazu, das Schulpersonal für diese wichtige Aufgabe zu unterstützen und die Eltern in schulischen Fragen zu beteiligen.

Wie sieht Ihr Programm für den ersten Schultag aus?

Da werde ich die neue Schule Pfingstweid besuchen. Kinder sowie Eltern werden vom Schulteam und von mir begrüsst. Vielleicht gibt es eine musikalische Begleitung, denn auch die Musikschule hat in der Schulanlage ihre Räume. Das Pfingstweid ist so konzipiert, dass die Räume mehrfach genutzt werden können, zum Beispiel für Unterricht oder Betreuung. Das ist ein wichtiger architektonischer Beitrag, um der Schulraumknappheit zu begegnen. Neu für die Kinder ist übrigens nicht nur das Gebäude, sondern auch die Tagesschule mit Mittagsverpflegung.

Die Stadt Zürich wächst und wächst, der Anteil der Kinder gar überproportional. Wie gehen Sie das Schulraumproblem an?

Tatsächlich erwarten wir einen weiteren massiven Anstieg der Schülerzahlen. In den kommenden acht Jahren müssen wir rund 320 zusätzliche Klassen eröffnen. Es gilt, genau zu analysieren, welche Quartiere besonders wachsen, denn die Massnahmen zur Bereitstellung von Schulraum müssen zur richtigen Zeit am richtigen Ort realisiert werden. Langfristig sind verschiedene Schulhausneubauten und -erweiterungen geplant. Kurzfristig kommen Übergangslösungen vor Ort mit Pavillons und Einmietungen zum Einsatz. Dabei werden auch unkonventionelle Wege gesucht. So werden wir die Sekundarschule Kappeli in einem umgebauten Bürogebäude unterbringen.

Bis 2028 will die Stadt Zürich 1,8 Milliarden Franken in Schulbauten investieren. Wie rechtfertigen Sie als bürgerlicher Politiker diese gewaltige Summe, die den Anschein von «klotzen, nicht kleckern» erweckt?

Der Schulraumbedarf wird laufend analysiert. Schulhausneubauten und -erweiterungen werden nur dort realisiert, wo dieser Bedarf nachgewiesen ist. Bei den einzelnen Projekten nehmen wir den konkreten Raumbedarf ganz genau unter die Lupe und planen aufgrund dessen. Man darf auch nicht vergessen, dass jedes Schulhaus mit Aussenanlagen und Sporthallen zusätzlichen Raum für die Quartierbevölkerung bietet und zum Begegnungsort im Quartier wird.

Auf welchem Gebiet haben die Zürcher Schulen Nachholbedarf?

Verbesserungspotenzial gibt es bei der administrativen Belastung des Schulpersonals. Hier müssen wir besser werden, Abläufe vereinfachen und Prozesse verschlanken. Es darf nicht sein, dass Lehr- und Betreuungspersonen durch eine Formularflut von ihrem Kerngeschäft abgelenkt werden. Auch die Integration wird uns in unserer zunehmend heterogenen Gesellschaft stark beschäftigen, denn die Volksschule hat den Auftrag, allen Kindern gerecht zu werden. Bei allen Entwicklungen müssen wir aber auch die Finanzierbarkeit im Auge behalten. Qualität ist nicht immer mit Mehrausgaben verbunden.

Sie sind selbst Vater von fünf Kindern. Beeinflusst das Ihre Tätigkeit als Schulvorsteher?

Ich kann durch meine Erfahrung als Vater die Sorgen und Nöte der Eltern sehr gut nachvollziehen. Und mir ist es wichtig, den Eltern zu versichern, dass wir ihre Anliegen für ihre Kinder ernst nehmen wollen.

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