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2009 wurde die Luisenstrasse plötzlich zur Kenechukwu-Strasse. Bild: PD

Vom Söimärt zur Kenechukwu-Strasse

Von: Jan Strobel

28. Mai 2013

Forderungen, eine Strasse umzubennen sind in Zürich nicht neu. Das zeigt ein Blick in vergangene - und oft kuriose - Vorschläge.

Diskussionen um Strassennamen können den Blick auf die Schweizer Geschichte schärfen, wie vor ein paar Tagen zum Beispiel, als Linke und Grüne im Gemeinderat eine Strasse nach Maurice Bavaud bennennen wolten.1938 fasste der Neuenburger Theologiestudent den Plan, Adolf Hitler in München zu erschiessen. Dafür wurde er 1941 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der Stadtrat spricht sich allerdings gegen eine Bavaud-Strasse aus.

Forderungen, eine Strasse umzubennen, sind in Zürich freilich nicht neu. Sie folgen meistens klar ideologischen Mustern. Besonders linke Gruppierungen zeigen sich dabei von der besonders kreativen Seite. 1989 zum Beispiel überwies eine Gemeinderätin der Poch (Progressive Organisationen der Schweiz) ein Postulat, in dem sie vom Stadtrat forderte, den Paradeplatz in «Söimärt» umzubennen. Ihren antikapitalistisch-kuriosen Vorschlag begründete sie damit, dass die im Umkreis des Platzes domizilierten Schweizer Banken mit ihrer weltumspannenden Trag- und Reichweite immer wieder in «Söiereien» verwickelt seien.

2002 war es wieder eine linke Gruppe, die dieses Mal den Helvetiaplatz ins Visier nahm. Sie wollte ihn in Edoardo Parodi-Platz umbennen, «zum Gedenken an den sinnlosen Tränengas-Tod eines jungen Menschen und im Protest gegen die brutale und blödsinnige Taktik der Zürcher Polizei.» Der 22-jährige Genueser hatte in Zürich an einer Anti-WEF-Demo teilgenommen und starb an einem Lungenödem.

Sieben Jahre später benannten Aktivisten kurzerhand die Luisenstrasse im Kreis 5 in Kenechukwu-Strasse und die Fabrikstrasse in Abdi-Daud-Strasse um und überklebten die Original-Strassennamen. Sie wollten mit ihrer Aktion an zwei Asylbewerber erinnern, die in Ausschaffungshaft gestorben waren. Als besonderen Coup verschickten die umtriebigen Unbekannten gleich eine gefälschte Mitteilung an die Medien, in der eine «Corine Mauch» über die Aktion informierte.

Aber auch die Rechte wurde bereits vom Umbenennungs-Furor gepackt. Die Schweizer Demokraten zum Beispiel forderten eine James Schwarzenbach-Strasse, in Gedenken an den rechtspopulistischen Nationalrat. Die SVP wiederum forderte jüngst die Umbenennung der Europaallee in Wilhelm-Tell-Allee.

Bei aller Kuriosität: Immerhin hatte die Gemeinderätin der Poch damals offenbar die Zürcher Geschichte studiert. Bis 1819 hiess der heutige Paradeplatz tatsächlich «Söimärt». Im 17. Jahrhundert lag der Ort noch ausserhalb der Stadtmauern und diente als Umschlagplatz für Schweine.

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