News
Zwist um Velos
Von: Clarissa Rohrbach
Wenige wissen, dass die Stadt ungenutzte Velos abschleppt. Die FDP-Gemeinderätin Marita Verbali will die heutige Praxis verbessern.
Die Stadt kennt bei Velos kein Pardon. Fahrräder, die länger als 30 Tage am gleichen Ort parkiert sind, werden von der Veloordnung von Entsorgung Recycling (ERZ) abgeschleppt («Tagblatt» vom 22. Mai). Mitarbeiter von ERZ sind täglich unterwegs und markieren die Pneus mit blauer Kreide. Wird das Velo bewegt, verschwindet die Markierung, sonst wird es nach einem Monat eingesammelt und endet in einem Lager an der Bienenstrasse beim Letzigrund. Die Besitzer können ihr Fahrzeug mit einem Online-Formular unter stadt-zuerich.ch/velosuche suchen und innert drei Monate kostenlos abholen. Von rund 4000 eingesammelten Velos jährlich wird jedes Vierte abgeholt. Die Übrigen übergibt ERZ an die Sozialen Einrichtungen und Betriebe (SEP), wo Menschen in der Arbeitsintegration die Velos aufpäppeln. Für je fünf Franken werden 2000 Velos an das Programm Velafrica übergeben, welches diese nach Afrika verfrachtet.
Zettel soll aufklären
Wie das «Tagblatt» im Mai berichtete, ist vielen Zürcherinnen und Zürchern die Praxis der Veloordnung nicht bekannt. Sie denken, dass ihr Velo gestohlen wurde. Der Artikel hat für grosses Aufsehen gesorgt und auch die Politik auf den Plan gerufen. So will FDP-Gemeinderätin Marita Verbali nun ein Postulat im Stadtparlament einreichen, welches fordert, dass das Vorgehen der Veloordnung sichtbarer gemacht wird. «Ich kenne Leute, die seit 30 Jahren Velo fahren und gut informiert sind. Sie haben keine Ahnung, dass die Stadt so vorgeht», sagt Marita Verbali. Drei Viertel der Velos finde nicht zum rechtmässigen Besitzer zurück, das zeige, dass die Bevölkerung diese Regelung nicht kennt. Marita Verbali fordert, dass die Stadt über die Abräumaktionen breiter informiert. «Alles zu beschildern, wäre übertrieben, doch man muss in geeigneter Form darauf aufmerksam machen.» Ihr schwebt vor, dass wenn ein Velo abgeschleppt wird, die Behörden einen Zettel hinterlassen, der darauf hinweist, dass das Fahrzeug im Internet gesucht werden kann. Sie kritisiert auch das Verwenden der blauen Kreide, um die Velos zu kennzeichnen, weil diese nicht immer verschwinde. Ihre Idee: die parkierten Fahrräder am Sattel mit einem Kleber zu versehen.
Offen für neue Methoden
Die Stadt ist gegenüber einer Verwendung von Klebern skeptisch. «Die blaue Markierung hat sich bewährt, sie wird nach wenigen Metern auf Asphalt abgetragen», sagt Maria Colon, Sprecherin von ERZ. Ob Kleber besser geeignet wären, müsse kritisch hinterfragt werden. Die 16 000 öffentlichen Veloabstellplätze würden sehr rege genutzt. Ein Kleber-System würde bedeuten, dass alle Fahrräder, die bei der periodischen Bewirtschaftung eines Abstellplatzes vor Ort stehen, einen Kleber erhalten würden. «Das wären jährlich zigtausende von Fahrrädern, wobei die grosse Mehrheit davon sogleich wieder bewegt wird», sagt Maria Colon, «wo würden dann die Kleber landen?». Dasselbe gelte für Hinweiszettel, die noch dazu wetterfest sein müssten. Für bessere Methoden sei die Stadt jederzeit offen. Laut ERZ dreht sich die Diskussion zu stark um das Abschleppen von Velos. Dabei gehe vergessen, dass der Kernauftrag der Veloordnung in der Bewirtschaftung der Abstellplätze liege. «Das Einsammeln von stehengelassenen Velos ist eine notwendige Arbeit, um die Infrastruktur ordentlich und nutzbar zu halten», ist Maria Colon überzeugt. Das Vorgehen würde von der Bevölkerung als wertvolle Dienstleistung wahrgenommen, wie auch Pro Velo betont. Darauf deuteten auch die 2000 Anfragen, die bei der Velosuche jährlich eingehen. Die Stadt kläre aber zurzeit, wie die Regelung besser kommuniziert werden könne.
Ihre Meinung zum Thema?
echo@tagblattzuerich.ch
Artikel bewerten
Leserkommentare
Keine Kommentare