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Trabrennen, Preis des Handels- und Gewerbevereins St. Moritz, am ersten Renntag von White Turf am 2.2.2020. Bild: swiss-image.ch

Die ganze Welt an einem Ort

Von: Ginger Hebel

04. Februar 2020

St. Moritz: Der Stadtzürcher Christian Jott Jenny ist Gemeindepräsident von St. Moritz und versteht sich als Brückenbauer. Er erklärt, warum St. Moritz Menschen aus der ganzen Welt anzieht, wie wichtig der Tourismus für den Nobelort ist und wie er die Promi-Hochzeit um Reederei-Erbe Stavros Niarchos erlebt hat. 

Sie sind seit etwas über einem Jahr Gemeindepräsident von St. Moritz. Warum haben Sie sich als Stadtzürcher um diesen Posten beworben?

Christian Jott Jenny: Ich habe vor über 15 Jahren das «Festival da Jazz» gegründet und kenne im Engadin unterdessen viele Leute. Menschen und neue Herausforderungen interessieren mich. Ich stellte mich zur Wahl, weil ich schon immer gerne ins kalte Wasser gesprungen bin. So eine Chance erhält man einmal im Leben!

Was haben Sie in Ihrer Rolle als Gemeindepräsident schon erreicht?

Das müsste man andere fragen. Ich habe ein 24-Stunden-Amt, private Momente gibt es in St. Moritz für mich kaum mehr. Es gibt noch immer eine Lücke zwischen Einheimischen und Zweiteinheimischen. Das lokalpolitische Rösslispiel kostet viel Zeit und bringt wenig, aber das ist unser System. Gäste und Einheimische näher zusammenzubringen, ist mir wichtig. Ich verstehe mich als Brückenbauer.

Wie ist Ihre Sicht von aussen auf St. Moritz?

Ich hatte immer den Vorteil eines Innen- und Aussenbildes. Bei einer Dienstreise nach Japan wurde mir jedoch wieder einmal bewusst, welche Emotionen der Brand St. Moritz weltweit auslöst. Für die Japaner bin ich in meiner Funktion beinahe ein Kaiser (lacht). Je weiter man sich von einem Ort fortbewegt, desto grösser wird er. St. Moritz ist widersprüchlich, man liebt oder hasst diesen Ort, er hat Ecken und Kanten, das passt zu meiner Persönlichkeit. St. Moritz ist eine Weltbühne, die mal besser, mal schlechter bespielt wird.

Zürcherinnen und Zürcher lieben die Bündner Berge, Davos, Lenzerheide, Arosa. Warum sollen sie Ferien in St. Moritz machen?

Ich möchte die Anziehung nicht nur auf St. Moritz beschränken, sondern auf das Oberengadin. Die Natur, die Seen, das Licht – es ist atemberaubend schön. Nicht umsonst zieht das Engadin seit jeher Künstler und Philosophen an. Die Menschen kommen und gehen, die Natur bleibt.

St. Moritz ist bekannt für Glitzer und Glamour. Mussten Sie sich neue Outfits kaufen, um sich anzupassen?

Nein, ich bin, wie ich bin. Authentizität ist das Wichtigste. Man darf nie vergessen, woher man kommt, wer man ist und was man kann. Pelz, Champagner, natürlich denkt man, dies gehöre zu St. Moritz, aber bei weitem nicht nur. Dieses Bild wurde auch von den Medien heraufbeschwört. Das ärgert mich. Wir verzeichnen eine starke Zunahme jüngerer Gäste, sie tragen Sneakers und Jeans, den Reichtum sieht man den Gästen heute nicht mehr an. Und das ist gut so.

In St. Moritz befinden sich sechs Fünfsternehotels nebeneinander. Der Normalo-Reisende hat möglicherweise Hemmschwellen.

Unbegründet. Hotels sind Herbergen, vergrösserte Stammtische und Wohnzimmer. Ich sage immer: Geht rein, schaut es euch an. Jedes Hotel lebt von den Menschen, die kommen. Ich liebe Hotels und finde es schön, wenn in der Lobby ein Feuer brennt. Und ich mag gute Gastgeber.

Bob-Weltcup, Snow Polo, Gourmet Festival oder das Pferderennen White Turf. Wie wichtig sind solche Anlässe für die Destination?

St. Moritz lebt voll und ganz vom Tourismus. Neben der Hotellerie sind solche Anlässe der Herzschlag. Ohne sie funktioniert es nicht. Viele Gäste finden es einmalig, dass auf einem gefrorenen See solche Rennen stattfinden können. Die Logistik begeistert seit über 125 Jahren.

In den Bergen gibt es immer weniger Schnee. Wie wappnet sich St. Moritz?

Wir sind relativ gut gerüstet für die Zukunft. Unser tiefster Punkt liegt bei 1800 Metern, das ist ein Vorteil für Wintergäste. Allerdings gibt es keinen Ort, an dem so wenig Ski gefahren wird wie bei uns. Rund 70 Prozent aller Besucherinnen und Besucher benutzen die Bergbahnen erst gar nicht. Das kulturelle Angebot ist immens, es gibt über 60 Galerien, eine internationale Kunstszene, Restaurants, Geschäfte, Musikfestivals. Die Leute kommen zum Winterwandern, Shoppen und die Sonne-Geniessen, auch der Sommertourismus wird immer stärker. Der Campingplatz ist gefüllt mit jungen Familien und Velos.

Gerade feierten der Reederei-Erbe Stavros Niarchos und die russische Oligarchentochter Dascha Schukowa Hochzeit im Hotel Kulm. Sie durften die Trauungszeremonie machen. Wie wars?

Ich rechne bei solchen VIP-Parties immer mit dem Schlimmsten. Und hier habe ich mich glücklicherweise sowas von getäuscht: Es war schlicht wunderschön. Bodenständig, höflich und nett. Es gab Ossobuco.

Pferderennen und Unterhaltung auf dem gefrorenen St. Moritzersee

Im Februar trifft sich auf dem zugefrorenen St. Moritzersee der internationale Jetset. Jockeys und ihre Rennpferde zeigen rasante Rennen auf dem Schnee. Nachdem das erste Ponyrennen in der Geschichte des White Turf 2019 grossen Anklang gefunden hat, finden auch dieses Jahr weitere Pony-Galopprennen statt. Ein Höhepunkt dieser Renntage ist das Skijöring, wo die Fahrer sich auf Skiern ziehen lassen. Aufgrund der Witterungsverhältnisse konnte das Skijöring am ersten Rennsonntag nicht stattfinden. Alle Rennen wurden zudem nur über die Distanz von 800 Metern ausgetragen.

Nicht nur Pferdeliebhaber kommen am White Turf auf ihre Kosten, sondern alle, welche die spezielle Atmosphäre auf dem gefrorenen See erleben wollen. In der Zeltstadt gibt es kulinarische Köstlichkeiten und Champagner-Bars mit Livemusik. St. Moritz bietet Luxusboutiquen und ausgezeichnete Restaurants.

Im traditionsreichen Kaffeehaus Hanselmann an der Hauptstrasse neben dem St.-Mauritius-Brunnen treffen sich Touristen und Einheimische und geniessen hausgemachte Patisserie. Familien vergnügen sich auf der grossen Natureisbahn auf dem St.Moritzersee, und Paare drehen auf dem romantischen Eisfeld vor dem Kulm Country Club ihre Runden – zu den schönsten Songs von Elton John. 

Weitere Informationen: Das White Turf in St. Moritz findet noch am Sonntag, 9. und 16. Februar, statt. Die Rennen beginnen um 11.30 Uhr im Halbstundentakt. whiteturf.ch/tickets

Hotel-Tipp:

Das 5-Stern-Hotel Kulm im Herzen von St. Moritz wird immer wieder unter die besten Winterhotels gewählt. Das Traditionshaus verfügt über 164 geschmackvolle Zimmer und Suiten und verschiedene Restaurants,darunter Gourmetlokale, The Pizzeria im gemütlichen Trattoria-Stil oder den Kulm Country Club mit toller Sonnenterrasse beim Eisfeld. In der Hotel-Lobby mit ihren Blumen-Sofas und gemusterten Tapeten inklusive brennendem Cheminée fühlt man sich wie in einem nostalgischen Wohnzimmer. Grossartig ist der Blick auf den St. Moritzersee. Cocktails geniesst man in der Bar und in der beliebten Miles Davis Smokers Lounge. In den Aufenthaltsräumen und im Frühstückssaal stehen stilvolle Blumenarrangements, gestaltet von den hauseigenen Floristen. Erholung findet der Gast im Spa mit Outdoor-Pool und Jacuzzy. Das Kulm hat eine geschichtsträchtige Vergangenheit. Der Hotelpionier Johannes Badrutt pachtete die damalige Pension Faller und eröffnete das Hotel Engadiner Kulm als erstes Hotel im Ort. Er versprach den Sommergästen, dass sie hier auch im Winter klare Luft und Sonnenschein geniessen könnten, und erweckte 1864 den alpinen Wintertourismus zum Leben.

 

Kulm Hotel, Via Veglia 18, 7500 St. Moritz
www.kulm.com

 

 

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