Reportage
Die «Unsichtbaren» sichtbar machen
Von: Severin Dressen
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um Ährenfische und Buntbarsche.
Bei uns im Zoo leben Arten, die sind nur wenigen Zoogästen bekannt. Das liegt daran, dass sie in der Regel eher unscheinbar, wenig farbenprächtig oder irgendwie langweilig daherkommen. Einigen dieser «Unscheinbaren» habe ich diese Kolumne bereits gewidmet. Heute soll es an dieser Stelle allerdings nicht nur um «Unscheinbare», sondern um bisher sogar fast «Unsichtbare» gehen. Unsichtbar deshalb, weil diese Arten teils so versteckt bei uns leben, dass man gar nicht erst auf die Idee kommen würde, sie zu suchen.
Ein gutes Beispiel dafür sind drei Fischarten, die in den Seen bei uns im Masoala-Regenwald leben: der Menarambo-Buntbarsch, der Marakeli-Buntbarsch und der Madagaskar-Ährenfisch. Zugegeben, sie sind auch wirklich nicht einfach zu entdecken auf dem dunklen Seeuntergrund. Doch wie so oft, gerade diese Fische könnten etwas mehr Aufmerksamkeit und eine Lobby gut gebrauchen. Alle drei stammen aus Madagaskar, sind endemisch – kommen also nur auf der afrikanischen Insel vor – und in ihrem Bestand mindestens gefährdet, teils gar vom Aussterben bedroht. Als Naturschutzzentrum ist es unsere Aufgabe, darüber zu informieren und für den Schutz dieser Arten zu sensibilisieren. Und genau darum können neu alle drei Spezies auch bei uns im Aquarium beobachtet und besser kennengelernt werden.
Ungewöhnliche Brutpflege
Der Menarambo-Buntbarsch schwimmt schon etwas länger auch im Aquarium. Der Madagaskar-Ährenfisch und der Marakeli-Buntbarsch sind dagegen gerade erst eingezogen. Um ihnen diese Sichtbarkeit geben zu können, haben wir die Haltung von zwei anderen nicht gefährdeten Arten aufgegeben: Schlangenkopffisch und Piranha gibt es nicht mehr im Zoo zu sehen.
Unsere Aufgabe als moderner Zoo ist der Schutz und Erhalt gefährdeter Arten, dafür setzen wir uns ein. Und ganz so langweilig, wie sie vielleicht anmuten mögen, sind die Neuen gar nicht. Buntbarsche beispielsweise haben – für Fische ungewöhnlich – ein ausgeprägtes Brutpflegeverhalten. Sowohl die Eier als auch die Larven werden von beiden Elternteilen über mehrere Wochen gepflegt, behütet und vor Räubern beschützt. Und am Bedrohungszustand des Madagaskar-Ährenfisches ist ironischerweise ausgerechnet der zuvor im gleichen Becken lebende Schlangenkopffisch mitschuldig. Denn dieser wurde vielerorts als Speisefisch eingeschleppt – so auch in Madagaskar, breitete sich dort invasiv aus und verdrängt einheimische Arten. Nicht nur der Madagaskar-Ährenfisch ist davon betroffen. Auch viele andere endemische Fischarten in Madagaskar sind zunehmend bedroht.
In den nächsten Wochen werden die drei nun sichtbaren Arten daher weitere Mitbewohner bekommen. Einer davon hat eine besonders spannende Geschichte. Die erzähle ich Ihnen dann demnächst an dieser Stelle.
Weitere Infos: www.zoo.ch
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