Christian Messikommer. Bild: PD
Das Internet geht mir immer mehr auf den Keks. In seinen Jugendjahren konnte man einfach auf eine Web-seite surfen und Inhalte aufsaugen. Heute geht das so: Webseite öffnen, herausfinden, wie man alle Cookies ausser die essenziellen abwählen kann, dann das Hilfe-Widget unten rechts ausschalten, das selbststartende Video anhalten, dann das Pop-up für den Newsletter wegklicken, dann noch die Frage, ob mein Standort verwendet werden dürfe verneinen und schon sind wir parat. Jetzt muss ich nur noch herausfinden was ich überhaupt auf dieser Webseite wollte.
Schlimmstenfalls muss man sich auch noch registrieren und schon wieder ein neues Passwort in die Welt setzen. Hey, wer früher Passwörter beruflich gebraucht hat, war ein russischer Spion. Heute? Wie viele Passwörter haben Sie? Bei mir sind’s hunderte, die ich in einer App verwalte – natürlich passwortgeschützt. Die automatisch generierten Passwörter lesen sich wie die Namen der Kinder von Elon Musk.
Übel ist auch, dass die Videoclips, die ich vor 20 Jahren gemocht habe, heute im Kleinbildformat wiedergegeben werden und daneben sitzt im Bild so ein Influenzer und tut so, als sähe er den Clip zum ersten Mal. Reaction-Videos nennt sich der Müll, den ich nur vorgesetzt bekomme, weil ich das Original vor Jahren mal geliked habe.
Das Internet vergisst nie und weiss mehr über mich, als ich selber. Mit diesem Wissen mobbt es mich voll: Werbungen für Medikamente gegen Haarausfall, Hodenstillstand und Herzbeschwerden sind ja noch lustig. So richtig gemein finde ich die für mich massgeschneiderten Reklamen für die neuesten Errungenschaften der Rollator-Technik, empfohlene Bestattungsunternehmen, oder Tipps, was ich mit meinem Vermögen (Haha) nach meinem Ableben tun könnte. Danke. Ich glaube immer noch an ein Leben vor dem Tod. Wenn Sie bis Ende Jahr keine Kolumne von mir sehen, dann hatte das Internet recht und ich habe schon ein Gärtlein auf dem Bauch.
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Christian Messikommer ist Journalist,
verheiratet und Vater zweier Töchter