Ein Jahr Schutz im Kreis 7
Eine Wohngruppe von asylsuchenden Jugendlichen lebte ein Jahr lang oberhalb des Römerhofs. Die anfängliche Skepsis in der Nachbarschaft löste sich schnell auf. Eine Bilanz. - Von Christian Felix
Ein Jahr lang wurde diese Liegenschaft an der Ecke Klosbach-, und Sprensenbühlstrasse als Wohngruppe für unbegleitete minderjährige Asylsuchende genutzt. Bild: Christian Felix
Eine Wohngruppe von asylsuchenden Jugendlichen lebte ein Jahr lang oberhalb des Römerhofs. Die anfängliche Skepsis in der Nachbarschaft löste sich schnell auf. Eine Bilanz. - Von Christian Felix
Die Asylorganisation Zürich AOZ bringt im Auftrag des kantonalen Sozialamts unbegleitete minderjährige Asylsuchende in Wohngruppen unter und betreut sie, dies in der Stadt Zürich und in Affoltern am Albis. In diesem Rahmen entstand auch die Wohngruppe Römerhof an der Ecke Klosbach-, und Sprensenbühlstrasse. Dort steht ein zurückhaltend gestaltetes Wohnhaus aus den 1930er Jahren, das mit dem Nachbarhaus ein kleines Ensemble bildet. Über lange Jahre beherbergte es acht preisgünstige Wohnungen. In diesem Haus ergab sich eine Zwischennutzung.
Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass Asylsuchende und Flüchtlinge im Kreis 7 unterkommen. Ende Januar 2014 flatterte ein Flugblatt mit Unterschriftenbogen in die Briefkästen in Hottingen und Hirslanden. Hinter der «Petition gegen ein Asylantenheim für 80 Personen in Zürich-Hottingen» stand der damalige SVP-Gemeinderat Urs Fehr. Die Liegenschaft an der Sonnenbergstrasse, um die es damals ging, liegt jedoch genau genommen in Hirslanden. An der Sonnenbergstrasse wohnen noch immer Familien mit Migrationshintergrund. Die meisten davon sind anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit Bleiberecht.
Anders in der 2023 geplanten Wohngruppe Römerhof. Hier handelt es sich um jugendliche Asylsuchende. Die meisten kommen aus Afghanistan. Martin Reichling von der AOZ sagt: «95 Prozent von ihnen sind junge Männer.» Das erstaunt nicht, wenn man sich das Schicksal dieser Jugendlichen vor Augen hält. Oft sind es die Eltern, die ihre jungen Söhne wegschicken, in der Hoffnung, dass sie im fernen Europa ihr Glück finden. Ausgestattet meist mit wenig Geld machen sie sich zu Fuss auf den Weg. Die Reise dauert oft Monate. Um etwas zu verdienen und weiterzukommen, arbeiten sie unterwegs, meist unter prekären Bedingungen. Auf dem Weg nach Europa warten Ausbeutung, Hunger und Gewalt. Junge Frauen sind doppelt gefährdet.
Vor diesem Hintergrund muss für die jungen Männer das Haus oberhalb des Römerhofs als Paradies erschienen sein. Die meisten waren laut Reichlin aus einer grösseren Unterkunft in die Sprensenbühlstrasse gekommen. Die unbegleiteten Minderjährigen Asylsuchenden schätzten «die Ruhe im Quartier und im Haus. Nicht zuletzt empfanden sie auch die zentrale Lage in Zürich und die Nähe zu öffentlichen Orten, wo sie beispielsweise Fussball oder Cricket spielen konnten, als grossen Vorteil.» In den acht Wohnungen des Hauses lebten während eines Jahres zwischen 20 und 30 junge Männer.
Der Hilfeleistung der AOZ erschöpfte sich nicht mit dem Dach über dem Kopf. Die Jungen in der Wohngruppe mussten sich mit Hilfe von Betreuern darauf vorbereiten, als Erwachsene ein selbstständiges Leben in einem für sie noch fremden Land zu führen. Einen Einblick in den Alltag an der Sprensenbühlstrasse gibt Pascal Müller, Teamleiter am Standort Römerhof. In den Wohnungen entstanden laut Müller kleine Wohngemeinschaften. Die Jugendlichen seien vom Betreuungsteam bei den alltäglichen Themen wie Kochen, Putzen und Waschen unterstützt worden. Dazu kamen Sprachkurse. «Auch das Wahrnehmen von Terminen wie etwa beim Arzt oder bei Einwohnermeldeamt wurde mit ihnen besprochen. Dabei wurde ihnen unter anderem vermittelt, dass Pünktlichkeit und Verbindlichkeit grundlegende Werte sind, welche sie beachten müssen.»
«Die Belastungen, welche unsere Klienten von ihrer Flucht mitbringen, sind sehr individuell und bei fast allen Jugendlichen vorhanden», betont Martin Reichlin. «Aus diesem Grund hatten sie die Möglichkeit, in der Wohngruppe niederschwellig psychologische Hilfe zu erhalten.» Abgesehen davon war das Betreuungsteam der AOZ immer vor Ort. Die Zwischennutzung an der Sprensenbühlstrasse bestand nur für ein Jahr. Daher zogen nur junge Männer ein, die bereits 17 Jahre alt wurden. So konnten alle Bewohner das Haus als Volljährige verlassen. Sie wurden nach dem für Asylsuchende geltenden Schlüssel auf die Gemeinden im Kanton Zürich verteilt.
Die Wohngruppe Römerhof stiess bei einem Teil der Nachbarschaft gleichwohl auf Skepsis. Vor allem befürchteten einige Personen Lärmbelastungen. «In persönlichen Gesprächen konnten wir die Bedenken ausräumen. Im Sommer 2024, als die Wohngruppe auszog, bedauerte dies die Nachbarschaft sogar», betont Martin Reichlin. So viel junges Leben wie in dem Jahr davor wird es in dem Haus an der Sprensenbühlstrasse nicht mehr geben. Es wird derzeit komplett umgebaut.
Das sind doch Asylsuchende. Es ist ja noch gar nicht sicher, ob sie Asyl erhalten. Sie wurden von den Eltern losgeschickt, um Geld zu machen im Gastland. Das ist kein Asylgrund. Warum müssen sie sich darauf vorbereiten, ein Leben in diesem Land zu führen? Sie sollten besser auf die Rückkehr in ihr Herkunftsland vorbereitet werden. Asyl sollte sowieso auf Zeit sein und nicht automatisch für immer.
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