Ein Tanz in die Freiheit
Letzte Woche feierte «Billy Elliot – Das Musical» in der Maag-Halle eine herausragende Premiere. Zum ersten Mal ist dieses weltweite Erfolgsstück in einer deutschen Fassung zu sehen. - Von Jan Strobel
Die verzweifelten Bergarbeiter haben den Kampf aufgenommen, und mittendrin findet sich der 12-jährige Billy Elliot (Moritz Fischli) wieder. Doch der Junge hat eigentlich ganz andere Träume. Bild: René Tanner
Letzte Woche feierte «Billy Elliot – Das Musical» in der Maag-Halle eine herausragende Premiere. Zum ersten Mal ist dieses weltweite Erfolgsstück in einer deutschen Fassung zu sehen. - Von Jan Strobel
Auf die Frage der Prüfungsjury an der Londoner Royal Ballet School, was ihm das Tanzen bedeutet, überwältigt Billy Elliot plötzlich eine Elektrizität. Singend bricht sich die so lange unterdrückte Lebensenergie Bahn. «Ich kann es nicht wirklich erklären. Mir fehlen die Worte. Es ist ein Gefühl, das man nicht kontrollieren kann. Ich nehme an, es ist wie das Vergessen. Zu verlieren, wer du bist. Und zur gleichen Zeit macht dich etwas ganz.» Billy Elliot hat sich hier endgültig befreit. Hinter sich lässt er das alkoholgetränkte Elend seines Vaters und Bruders im Bergarbeiter-Dorf Easington Colliery, den hoffnungslosen Überlebenskampf der Kohlegruben-Arbeiter, den Streik – und die vermeintlichen Gesetze, die bestimmen sollen, was ein «richtiger Mann» ist.
Die Szene ist einer der berührenden Höhepunkte an dieser Premiere in der Maag-Halle Zürich, wo «Billy Elliot – Das Musical» erstmals in der deutschen Fassung noch bis 23. März zu sehen ist. Die Hauptrolle von Billy Elliot verkörpert in der Bühnenbesetzung dieses Abends fulminant der Luzerner Moritz Fischli. Der 12-Jährige bespielt mit seinem Tanz und Gesang virtuos die Klaviatur der Emotionen, die Taschentücher, die in den Sitzen bereitliegen, geben bereits die Richtung vor. Zweifellos wächst mit Moritz Fischli ein Meister der Musical- und Tanzbühne heran. Besonders intensiv zeigt sich das in seinem «Schwanensee auf der Kohlengrube», die entscheidende Metamorphose des Billy Elliot. Moritz Fischli verschmilzt hier in eleganter Leichtigkeit und Geschmeidigkeit mit den Klängen Tschaikowskis.
Billy Elliot zur Seite steht, sozusagen als Spiegel, Augenöffner oder als helfende Hand aus dem seelischen Morast, sein Freund Michael, verkörpert in dieser Besetzung von Justin Périer aus Zürich («Tagblatt» vom 16.10.). Der 12-Jährige wärmt das Publikum mit seinem Humor, seiner unbändigen Lust am Spiel und an der Verspieltheit. Ein Meisterstück ist seine Stepptanz-Einlage im goldenen Flapper-Kleid. Hier wird eine Rolle zelebriert und gleichzeitig aufgebrochen, denn, heisst es im Song zur Szene: «Was ist falsch daran, sich in Satin und Spitze zu kleiden? Besorg dir ein paar Ohrringe, etwas Mascara, Absätze und einen Fächer. Schon bald wirst du dich wie ein anderer Mensch fühlen.»
Stark und vor allem energiegeladen präsentiert sich auch die weitere Besetzung dieser Premiere. Lucas Baier als Billy Elliots Bruder Tony steht für die rohe, zugleich versteckt zarte Männlichkeit. Pasquale Aleardi gibt dem Vater und seiner Verzweiflung ein eindringliches Gesicht. Und Isabelle Flachsmann als Tanzlehrerin Wilkinson könnte cooler nicht sein. Die Seele des Musicals ist natürlich ebenso der herausragende Soundtrack von Elton John, der für die deutsche Fassung vom Zürcher Autor, Liedtexter und Songwriter Roman Riklin übersetzt wurde. Für die musikalische Leitung in «Billy Elliot – Das Musical» zeichnet Lukas Hobi verantwortlich. Hobi ist Mitglied von Bliss, der erfolgreichsten A-cappella-Comedy-Formation der Schweiz. Regie führt in Zürich der gefeierte britische Theaterregisseur und Choreograf Mitch Sebastian.
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