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Sein Bewerbungsdossier liess Rohith Palathunkal an prominentester Lage im Hauptbahnhof Zürich und an der Bahnhofstrasse als Plakat aufhängen. Die zweiwöchige PR-Aktion in eigener Sache kostete den jungen Mann 2500 Franken. Bild: Rohith Palathunkal

Der plakatierte Traum eines motivierten Zürchers

Der 24-jährige Rohith Palathunkal suchte fünf Jahre lang vergeblich nach einer Stelle in der Banken- oder Technologiebranche. Dann kam er auf eine kreative Idee, um seinem Ziel endlich näher zu kommen. 

Dass Not erfinderisch macht und die Kreativität spriessen lässt, ist zwar eine «Zuckersäckli»-Weisheit, die allerdings einen überaus wahren Kern besitzt. Den besten Beweis dafür lieferte jüngst Rohith Palathunkal. Der 24-Jährige mit indischen Wurzeln hatte eigentlich ganz konkrete Pläne für seine Zukunft: Nach seinem Bachelor-Abschluss im Marketing- und Technonologiemanagement wollte er in den Banken- oder Technologiesektor einsteigen, vorzugsweise als Trainee, im Relationship Management oder im Verkauf von technischen Produkten.

Doch sein Enthusiasmus wurde mit den Jahren auf eine harte Probe gestellt: «Seit fünf Jahren bewerbe ich mich erfolglos um eine Stelle. Auf meine insgesamt 400 Bewerbungen bekam ich nie eine Einladung zu einem Jobinterview», sagt Rohith Palathunkal. «Über Standardabsagen gingen die Reaktionen der Unternehmen nicht hinaus, obwohl ich die nötigen Qualifikationen mitgebracht hätte.» In dieser Zeit konnte er lediglich über Kontakte temporäre Anstellungen, etwa als Praktikant im Treuhandbereich, antreten. Seine Bewerbungsunterlagen liess er von Jobcoaches und vom RAV prüfen. «Sie hielten sie für absolut einwandfrei.»

Die grosse Stille
Unterkriegen lassen wollte sich Palathunkal allerdings nicht. Und so griff er Anfang März zu einem ganz anderen Mittel. Er wollte eine PR-Aktion in eigener Sache lancieren und zwar im grossen Stil. Seine Bewerbungsunterlagen sollten in Form eines auffälligen Plakats für jedermann sichtbar werden. Interessierte konnten über einen QR-Code auch Zugriff auf seine Bachelorarbeit bekommen.
Er buchte deshalb an prominentester Stelle einen Werbeplatz am Hauptbahnhof und an der Bahnhofstrasse. 2500 Franken musste er für zwei Wochen Werbepräsenz bezahlen. Das Geld dafür hatte er durch seine verschiedenen Temporärstellen verdient. «Ich wollte mit dieser Aktion vor allem meine Motivation unter Beweis stellen und zeigen, dass ich eine schwierige Problemstellung kreativ und unkonventionell angehen kann», sagt Rohith Palathunkal.

Als am 9. März schliesslich die Plakate aufgehängt wurden, rechnete der junge Stellensuchende mit   zahlreichen Reaktionen und vor allem natürlich mit den erträumten Jobangeboten. «Immerhin passieren täglich Tausende diese Werbeplätze. Die Chance, dass sich jemand bei mir melden würde, erschien mir gross.»

Doch zu seiner Überraschung blieb es still. «Leider hat niemand auf meine Bewerbungsaktion reagiert. Ich konnte mir das einfach nicht erklären», meint Rohith Palathunkal. «Es war wie verhext.» Und als ob die Situation nicht schon enttäuschend genug für ihn gewesen wäre, kam mit der Coronakrise und dem Lockdown schliesslich noch der grösste Dämpfer hinzu. Die aufwendig gestalteten Plakate mit seiner Bewerbung hingen jetzt unbeachtet an ihren Wänden in der fast ausgestorbenen Zürcher City. «Ich hoffe immerhin, dass ich den einen oder anderen Personalverantwortlichen dennoch mit meiner Idee überraschen konnte», so Palathunkal. «Ich habe die Hoffnung noch immer nicht ganz aufgegeben, auch wenn die aktuelle Situation mit der Coronakrise natürlich äusserst schwierig ist.»

Sollte er dennoch keinen Job finden, sagt er, bliebe ihm nur eine Lösung: «Ich werde dann wohl ins Ausland ziehen und dort auf Stellensuche gehen. Ich hoffe nicht, dass es so weit kommen wird. Es wäre sehr schade, Zürich verlassen zu müssen.»

28. April 2020

Von: Jan Strobel

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