Einblicke in die Ara-Wochenstube
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Dokumentation des Aufzuchtverhaltens von Hyazintharas im Pantanal. Von Severin Dressen
ZOO INTERN Alle zwei Wochen berichtet das «Tagblatt» über Neues und Wissenswertes aus dem Tiergarten. Heute geht es um die Dokumentation des Aufzuchtverhaltens von Hyazintharas im Pantanal. Von Severin Dressen
Kürzlich erreichte uns ein Video aus einem unserer Naturschutzprojekte. Aus dem Pantanal in Brasilien. In dem Video ist ein Hyazinthara-Paar in einer Nisthöhle mit zwei Eiern zu sehen. Aus einem Ei schlüpft gerade ein Küken. Das mag jetzt nicht wirklich spektakulär klingen. Tatsächlich ist es aber eine kleine Sensation. Denn die Aufnahmen sind die ersten, die den vollständigen Schlupfvorgang eines Hyazinthara-Kükens wildlebender Eltern dokumentieren. Dies wurde bisher noch nie in ganzer Länge gefilmt.
Das Video ist schon etwas älter, wurde aber erst jetzt – zeitgleich mit einer wissenschaftlichen Publikation – veröffentlicht. Für die Forschenden am Institutio Arara Azul, unserem Naturschutzpartner, sind die Aufnahmen Gold wert und das Ergebnis langjähriger und intensiver Forschungsarbeit. Möglich wurden die Aufnahmen durch zwei spezielle Nistkästen, in denen die notwendige Technik sicher installiert ist. Dabei gab es verschiedene Herausforderungen zu meistern: Es musste ein geeigneter Ort gefunden werden, um diese aufzuhängen. Attraktiv für die Aras, aber auch zugänglich für die Forschenden. Auch waren mehrere Anläufe nötig, um den gesamten Prozess zu filmen. Es gibt zwei Videos eines vollständigen Schlupfes. Einmal dauerte dieser 16 Stunden und 30 Minuten und einmal 7 Stunden und 18 Minuten.
Zwar sind Kamerafallen zur Erforschung der bedrohten Art und ihrer Lebensweise schon länger im Einsatz, aber die jetzigen Aufnahmen gewähren ganz neue Einblicke in den Schlupfvorgang und das Verhalten der wildlebenden Elterntiere. So ist zu sehen, wie die Altvögel abwechselnd sehr vorsichtig und behutsam beim Schlupf assistieren. Mit ihren grossen und wenig filigranen Schnäbeln brechen sie Stück für Stück kleine Teile der Schale weg. Ist der Schlupfvorgang schon fortgeschritten, ziehen die Elterntiere das Jungtier sogar aus der restlichen Schale heraus. Ebenfalls faszinierend: Die Kommunikation der Tiere. Auf dem Video sind immer wieder Geräusche der Küken zu hören. Sie scheinen ihre Eltern dazu zu animieren, ihnen zu helfen. So die Interpretation der Forschenden. Denn die Geräusche sind bereits Stunden vor dem Beginn des Schlupfes zu hören. Sprich bereits der Embryo im Ei kommuniziert. Die Aufnahmen faszinieren, weil sie zeigen, wie raffiniert und grossartig die Natur sein kann und wie scheinbar Unvorstellbares doch möglich ist.
Dieses neue Wissen ist ein weiteres Puzzlesteinchen hin zu einem vollständigen Verständnis der bedrohten Art. Laut Schätzungen leben noch etwa 6500 Hyazintharas in der Wildnis. Ihre grösste Bedrohung ist der Verlust von Lebensraum und insbesondere von geeigneten Nisthöhlen. Das vom Zoo seit fünf Jahren unterstützte Projekt widmet sich nicht nur der Erforschung der Tiere, sondern fördert auch konkrete Schutzmassnahmen wie das Aufhängen von künstlichen Nisthilfen. In der künftigen Pantanal Voliere wird es ebenfalls Forschung zu den Hyazintharas geben und damit dann sicher noch weitere spannende Einblicke.
Weitere Infos: www.zoo.ch
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